Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

278 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 69 
I. Versicherungspflichtig sind alle Arbeiter und Betriebsbeamten mit 
einem Jahresarbeitsverdienst von 5000 Mk., und zwar auch dann, wenn die Be- 
schäftigung sich nebenbei auf häusliche und andere Dienste erstreckt (§8 544, 545, 546, 
923, 924), und zwar: 1. in der Gewerbeunfallversicherung in gewissen Be- 
trieben (§ 537), wie Bergwerke, Salinen, Steinbrüche, Fabriken, Brauereien, Apotheken, 
Gerbereien usw. Dabei gelten als Fabriken (§ 538) Betriebe, in denen Sachen be- 
oder verarbeitet und dabei wenigstens zehn Arbeiter beschäftigt, Sprengstoffe oder 
elektrische Kraft erzeugt, Dampfkessel oder durch Wind, Wasser, Elektrizität oder Tiere 
bewegte Triebkräfte regelmäßig benutzt werden; 2. in der landwirtschaftlichen 
Unfallversicherung (§ 915 f.) die in Land= und Forstwirtschaftsbetrieben usw. 
beschäftigten Arbeiter; 3. in der Seeunfallversicherung (§ 1046) die Schiffs- 
besatzung deutscher Fahrzeuge und die in verwandten Betrieben beschäftigten Personen. 
Durch die Satzung der Berufsgenossenschaften, bei der landwirtschaftlichen Unfall- 
versicherung auch durch Landesgesetz, ist die Ausdehnung der Versicherungspflicht 
auf die kleinen Unternehmer mit mehr als 5000 Mk. ermöglicht (§ 548, 925, 1034). 
Außerdem können sich dieselben freiwillig versichern (§§ 550, 927). 
II. Hinsichtlich der Beitragsleistungen besteht das Umlageverfahren. 
Danach werden die in einem Jahre erwachsenen Kosten zu Beginn des folgenden Jahres 
auf die der Berufsgenossenschaft angehörenden Unternehmer umgelegt und zugleich ein 
Zuschlag erhoben zur Ansammlung einer Rücklage (§§ 731, 989). Die Umlegung der 
Beiträge erfolgt regelmäßig nach den gezahlten Lohnsummen (wobei Jahresgehälter 
über 1800 Mk. nur mit einem Drittel des Mehrbetrags, niedrigere Löhne aber mit dem 
Ortslohn für Erwachsene über 21 Jahre angesetzt werden) und nach der Gefahren= 
klasse, für die ein Tarif besteht (&8§ 732, 990 f.), bei der landwirtschaftlichen 
Unfallversicherung auch nach der Grundsteuer, der Größe der bewirtschafteten Fläche 
oder in anderer Weise (§ 1005 f.). 
III. Voraussetzung der gesetzlichen Leistungspflicht ist die Erwerbs- 
unfähigkeit (§ 5,58), d. h. die infolge eines Betriebsunfalles 15 eingetretene Be- 
schränkung oder völlige Aufhebung der Erwerbsfähigkeit der in einem versicherungs- 
pflichtigen Betriebe beschäftigten Person (§ 555). 
IV. Die Entschädigung besteht 1. bei Verletzungen: 
a) während der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall: 
a) von der Krankenkasse die ihm gesetzlich zustehenden Leistungen (§ 573), b) für 
die nicht gegen Krankheit Versicherten Krankenfürsorge in der gleichen Weise vom 
Unternehmer (§ 577), auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Unfallversicherung 
für Arbeiter von der Gemeinde des Beschäftigungsortes 18 (§ 942 f.), J) die Ge- 
nossenschaft kann auch selbst das Heilverfahren übernehmen, insbesondere durch 
Unterbringung in eine Heilanstalt oder Gewährung von Hauspflege (§ 580), 5) vom 
Tage des Wegfalles des Krankengeldes an (§ 582) von der Genossenschaft eine Rente, 
falls die Erwerbsunfähigkeit noch fortdauert, wenn diese voraussichtlich vor Ablauf 
der dreizehnten Woche endigt, jedoch nur dann, wenn dies in der Genossenschafts- 
satzung vorgesehen ist; 
b) vom Beginn der vierzehnten Woche ab von der Berufsgenossen- 
schaft: 23) Krankenbehandlung (§ 558), 8) als Rente für die Dauer der Erwerbs- 
unfähigkeit, solange der Verletzte: aga) völlig erwerbsunfähig ist, zwei Drittel 
des Jahresarbeitsverdienstes (Vollrente), 38) außerdem hilflos ist und fremder Pflege 
und Wartung bedarf, einen Zuschuß zu aau) bis zur Höhe des vollen Jahresarbeits- 
verdienstes (Hilflosenrente, § 560 cc), teilweise erwerbsunfähig ist, eine ent- 
sprechende Teilrente (§ 559 Ziff. 2), die im Falle der unverschuldeten Arbeits- 
12 Als Betriebsunfall gilt ein plötzliches zeitlich bestimmtes Ereignis (nicht die allmähliche 
Einwirkung gesundheitsschädlicher Einflüsse), das in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem 
Tetriebe, steht. Gerade das letztgenannte Erfordernis wird vom Reichsversicherungsamt sehr weit 
ausgelegt. 
# 75 Ubernimmt die Genossenschaft diese Fürsorge, so hat der Unternehmer oder die Gemeinde 
ihr Ersatz zu leisten (5 579 S. 600, 9435).
	        
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