280 Vierter Teil. Die Vandesverwaltung. §* 69
2. Freiwillige Beiträge können sowohl bei der Selbstversicherung als auch bei
der Fortsetzung der Versicherung in jeder Lohnklasse entrichtet werden (§§ 1440, 1443).
3. Irrtümlich geleistete Beiträge können: a) vom Arbeitgeber binnen
zwei Jahren zurückgefordert werden, wenn der Versicherte ihm nicht die Hälfte des
Wertes erstattet; b) vom Versicherten selbst binnen zehn Jahren zurückverlangt werden,
wenn ihm nicht selbst eine Rente rechtskräftig bewilligt und nicht die Verwendung der
Marken in betrügerischer Absicht geschehen ist. Werden irrtümlich geleistete Beiträge
nicht zurückgefordert, so gelten sie als für die Selbst= oder Weiterversicherung entrichtet,
wenn das Recht dazu in der Zeit der Entrichtung bestanden hat (§ 1440).
Die Quittungskarten werden von der zuständigen Ausgabestelle unentgeltlich aus-
gestellt (§ 1414 f.). Der Versicherte muß sich eine solche Karte ausstellen lassen und
kann dazu durch Polizeistrafen angehalten werden. Alle Karten sind binnen zwei Jahren
nach der darauf verzeichneten Ausstellung einzutauschen.
Sollen Ansprüche auf Versicherungsleistungen entstehen, so muß eine Mindestzahl
von Beiträgen geleistet sein (Wartezeit) (§§ 1278, 1280 f.).
III. Voraussetzung der gesetzlichen Leistungspflicht ist hier Invalidität“!,
d. h. die infolge Krankheit oder Gebrechlichkeit eingetretene Unfähigkeit, noch ein
Drittel desjenigen zu verdienen, was ein Gesunder in einem gleichen oder ähnlichen
Beruf verdienen kann. Im einzelnen wird geleistet: 1. eine Invalidenrente
(§ 1255), die sich zusammensetzt aus: a) dem Reichszuschuß von jährlich 50 Mk.,
b) dem Grundbetrage von jährlich 60—100 Mk., je nach der Höhe der geleisteten
Beiträge, c) den Steigerungssätzen, entsprechend der Zahl und der Höhe der Beiträge,
id) einem Zuschuß von einem Zehntel der Rente für jedes Kind des Rentenempfängers
im Alter bis zu fünfzehn Jahren, jedoch höchstens fünf Zehntel (§8 1285, 1288 bis
1291); 2. eine Altersrente vom vollendeten siebzigsten Jahre ab (§ 1257), zu
der ebenfalls ein Reichszuschuß (50 Mk.) gewährt wird (§8 1257, 1285, 1293);
3. eine Witwen= und 4. Waisenrente (§§ 1258, 1262); des weiteren 5. Witwengeld
und Waisenaussteuer (§§ 1264, 1296) und schließlich ein Heilverfahren zugunsten
der Versicherten und deren Witwen (88 1269, 1305).
IV. Der Anspruch auf die gesetzlichen Leistungen entsteht erst nach Zurücklegung
der Wartezeit (8§ 1251, 1278); dieselbe beträgt für die Invalidenrente und
für die Hinterbliebenenbezüge regelmäßig 200 Beitragswochen ?2s und für die Alters-
rente 1200 Beitragswochen.
V. Kann jemand gleichzeitig Anspruch auf zwei Renten — Invalidenrente und
Alters- oder Witwenrente — erheben, so wird nur die höhere der beiden Renten gezahlt.
D. Konkurrenz der verschiedenen Versicherungsarten. In all-
gemeinen werden die Leistungen der drei Versicherungszweige nebeneinander gewährt; das
Gesetz vermeidet es indessen tunlichst, Doppelleistungen zu bewirken. Die Leistungen der
Unfall= und Krankenversicherung schließen sich derart gegenseitig aus, daß der Entschädigungs-
anspruch nur einmal, und zwar zum höheren Betrage gegen die Krankenkasse oder Berufs-
genossenschaft geltend gemacht werden kann (§ 1501 f.). Das gleiche gilt hinsichtlich der
Unfall= und der Invaliden= und Hinterbliebenenversicherung, wenn die Invalidität oder der
Tod infolge eines Betriebsunfalles eingetreten ist (§& 1522). Die Leistungen der Invaliden=
versicherung werden dagegen in der Regel neben denen der Krankenversicherung gewährt.
E. Was die Geltendmachung der Ansprüche anlangt, so ist dieselbe
in den drei Versicherungszweigen eine verschiedene.
I. Bei der Krankenversicherung ist der Antrag auf Unterstützung bei der Kranken-
kasse zu stellen (§ 1551). Gegen den Bescheid ist Beschwerde an das Ver-
sicherungsamt möglich, welches regelmäßig in mündlicher Verhandlung entscheidet.
In Fällen von geringer Bedeutung (unter 50 Mk.) entscheidet der Vorsitzende allein 25,
:1 Uber den Zeitpunkt des Uberganges des zum Bezuge der Invalidenrente Berechtigten auf
Ersatz des ihm durch die Invalidität entstandenen Schadens gegen Dritte auf die Versicherungs-
anstalt vgl. R G. E. (Civ.) 30 S. 215.
*!2 Davon müssen 100 Pflichtbeiträge sein, sonst beträgt die Wartezeit 500 Beitragswochen.
« 25 In anderen Fällen kann der Vorsttende eine Vorentscheidun " treffen, gegen die binnen
einem Monat Antrag auf gerichtliche Vorentscheidung zu stellen ist. § 1657.