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Schiffszug stattfindet, 7,80 m nicht übersteigen. Im letzteren Falle kann außer-
dem verlangt werden, daß auf einem weiteren Raume bis zu einer Breite von 1,95 m
keine Gebäude, Einfriedigungen oder Gräben angelegt werden (§ 18). Werden Wasser-
läufe erst nachträglich für schiff= oder flößbar erklärt, oder wird ein Schiffszug auf
einem Ufer, auf welchem derselbe bisher nicht bestand, neu eingeführt so finden die gleichen
Grundsätze Anwendung, die Grundeigentümer haben jedoch einen, Entschädigungsanspruch,
der vom Ministerium vorbehaltlich des Rechtsweges festgesetzt wird (§ 19).
IIII. Der Wasserschutz. 1. Die Pflicht zur Unterhaltung der schiffbaren
und nichtschiffbaren Wasserläufe umfaßt a) die Reinigung (Ausräumung auf Normal-
breite und -tiefe, sowie Auskrautung) des Bettes und b) die Instandhaltung sowie
die erforderliche Verbesserung der Ufer-, Damm= und Kunstbauten, einschließlich der
Flutgräben 1. (§ 21.) Die diesbezüglichen Unterhaltungsarbeiten liegen grundsätzlich
dem Staate ob (§ 27), doch können zu den Kosten, sofern es sich nicht ausschließlich
um Arbeiten im Interesse der Schiffahrt handelt, folgende Personenklassen heran-
gezogen werden: a) diejenigen Grundeigentümer, deren Grundstücke durch die Unter-
haltung vor Abbruch, Versumpfung oder Überschwemmung geschützt werden; 5) die-
jenigen Privatpersonen oder Körperschaften, welche das Wasser als Triebkraft oder zu
anderen Zwecken für einen bleibenden Betrieb " benutzen (§ 27 W. G.). Der dem
Staat verbleibende Teil der Kosten darf aber nicht weniger als 10 % derselben
betragen. Die Anteile der beiden beteiligten Personenklassen sowie die für die Einzel-
verteilung zu beobachtenden Grundsätze werden durch eine Verordnung des Statthalters
auf Grund eines Vorverfahrens bestimmt (§§ 24, 25, 26, 27 Abs. 2 und 3 W. G.).
2. Zur Unterhaltung der nicht schiff= oder flößbaren Wasserläufe" sind
die Grundstückseigentümer und die Triebwerksbesitzer (§ 22 W. G.) gemeinsam
verpflichtet “. Soweit Ortsgebräuche oder Verordnungen bestehen, richtet sich die Ver-
4! Wegen der Räumung von Wasserläufen, welche teilweise in Frankreich liegen. val. Zusatz-
konvention zum Frankfurter Friedensvertrag v. 10. Mai 1871 (G. Bl. 1872 S. 63) Art. 15.
Die Unterhaltungepflicht an den Wasserläufen umfaßt nur die Räumung des Bettes der
Wasserläufe zwischen den Ufern und bis zur naturwüchsigen Sohle sowie die Instandhaltung und
Ausbesserung der bestehenden Uferkunstbauten in ihren vorhandenen Abmessungen. Die Grenz-
linie zwischen der Wassersohle und den Böschungen (Uferlinie) läßt sich beim natürlichen Wasserlauf
nur annähernd bestimmen und ist einem fortgesetzten Wechsel unterworfen. Die obere Grenze der
Böschungen wird burh die Wasserlinie bei bordvollem Fluß gebildet, d. h. bei dem Wasserstande,
bei dem der Fluß auf der betreffenden Strecke seines Laufes da und dort anfängt überzutreten.
Diese Grenzlinie ist die tatsächlich bestehende Uferlinie, und aus ihr und den eeebr des
Wasserlaufes wird die zu Recht bestehende Uferlinie gebildet. Jacob-Fecht S. 54 N. 2 b.
Unter dem Ausdruck „bleibender Betrieb“ ist die Benutzung mit bleibender Stau= oder
Ableitungsanlage zu verstehen, ohne Rücksicht, ob die hierzu nötige Ausnußung des Wassers eine
ununterbrochene oder aussetzende ist. Huber S. 266. Jacob-Fecht S. 57.
* Es muß sich jedenfalls um einen Wasserlauf und nicht um eine von Menschenhand
zeitweise angelegte Rinne zum Abzug des Regenwassers handeln. Im letzteren Falle wären nicht
die Voraussetzungen zum Erlaß einer Räumungsordnung, sondern bei vorliegendem öffentlichen
Interesse zum Enteignungsverfahren gegeben. Vor Durchführung des Enteignungsverfahrens brauchten
die Grundstückseigentümer sich das Betreten ihrer Grundstücke zu Demarkationszwecken nicht gefallen
zu lassen. Über die Frage, ob ein Wasserlauf n Frage kommt. entscheidet, als über eine Voraussetzung
um Erlaß eines Verwaltungsaktes, die Verwaltungsbehörde selbst und nicht das Gericht. (O. Maver,
Franz. Verw. R. S. 142, Jakob-Fecht S. 58 N. 1.) Agl. Kais. Rat v. 12. Dez. 106 Nr. 464.
" Die §§ 22, 23 W. G. sind mangels besonderer Räumungsordnungen anzuwenden. § 23
kann wiederum, da er die Verteilung der Unterhaltslast unter die Verpflichteten regelt, erst dann
Platz greifen, wenn die Voraussetzungen des § 22 erfüllt sind, wenn also die Verpflichtung zur
Unterhaltung selbst feststeht.
§ 22 Ziff 1 begründet eine Verpflichtung nur unter der Voraussetzung, daß das in Frage
kommende Grundstück durch die Unterhaltung des Wasserlaufs vor Abbruch, Versumpfung usw.
geschützt wird; das „geschützt werden“ hat hier die Bedeutung, daß die Abwendung der Gefahr der
Versumpfung gleichzeitig die Abwendung eines Schadens im Gefolge haben muß oder umgekehrt,
die Unterhaltung muß dem Grundstück einen Vorteil bringen. Dies ist z. B. vielfach bei Wald-
grundstücken nicht der Fall.
In dem W. G. ist eine Verpflichtung zur Ausführung von Räumungen, die nur im gesund-
heitlichen Interesse gewünscht wird, nicht übersehen. Die Kosten solcher Unterhaltungsarbeiten
müssen daher jeweils von bensenigen Beteiligten vorgenommen werden, die den Nutzen aus den
betreffenden Arbeiten ziehen, zum Beispiel von der Gemeinde.