296 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 71
§ 71. Das Fischereirecht. Das Fischereirecht besteht in der Befugnis zur
Hegung und ausschließlichen Zueignung bestimmter in einem Gewässer angetroffener
herrenloser Wassertiere. Zur Hegung gehören insbesondere Maßnahmen zur Schaffung
und Erhaltung eines angemessenen Fischbestandes, zum Beispiel die Schaffung von
Laichplätzen.
Die Frage, welche Lebewesen in den Bereich des Fischereirechts fallen, ist der
Landesgesetzgebung vorbehalten (Art. 69 E.G. B.G. B.). Nach dem elsaß-lothringischen
Fischereigesetz vom 2. Juli 1891 (& 7) gehören zu den dem Fischfange unterliegenden
Wassertieren außer den Fischen auch Krebse und Frösche, dagegen nicht Muscheln, Austern
und die nicht nutzbaren Wassertiere, wie Wasserratten, Insekten.
Herrenlos sind nur diejenigen Fische, die sich in einem mit natürlichen Wasser-
läufen zusammenhängenden, nicht im Privateigentum stehenden Gewässer aufhalten;
an den im Privateigentum stehenden geschlossenen Gewässern ist hinsichtlich der darin
befindlichen Fische ein Okkupationsrecht Dritter ausgeschlossen. Für diese geschlossenen
Gewässer gelten auch die fischereipolizeilichen Bestimmungen nicht, mit der einzigen
Ausnahme, daß auch Fische aus solchen Gewässern, die untermaßig sind, oder deren
Fang zu bestimmten Zeiten verboten ist, nicht auf den Markt gebracht werden dürfen 7.
I. Oberste Aufsichtsinstanz für das Fischereiwesen ist das Ministerium (Ab-
teilung für Landwirtschaft und öffentliche Arbeiten), welches auch die erforderlichen
Polizeiverordnungen zu erlassen hat (§ 31 F.G.) 3. Als Mittelinstanz kommen die
Wasser= und Meliorationsbauinspektoren in Betracht (Art. 21 Verordnung vom
3. September 1889, Centr. Bl. S. 106), denen wieder die Fischereiaufseher“ unter-
geordnet sind. Daneben haben noch eine ganze Reihe anderer Beamten, wie sämtliche
Polizei-, Forst= und Feldschutz-, Steuer-, Zoll= und Oktroibeamte sowie die Bürger-
meister und Beigeordneten fischereipolizeiliche Befugnisse wahrzunehmen.
II. Als Träger des Fischereirechts kommen in Betracht: 1. der Staat.
Derselbe hat die Fischerei a) in allen Flüssen, Kanälen und Vorgräben, welche mit
Schiffen oder zusammengebundenen Flößen befahren werden können, und zu deren
Unterhaltung der Staat verpflichtet oder mitverpflichtet ist; b) in den Altwassern ?,
v. 28. Juli 1060, sowie das Gesetz v. 21. Juni 1865 über die Syndikatgenossenschaften, nebst K.
Dekr. v. 17. Nov. 1865.
§ 71) 1 Vgl. hierzu Leoni-Mandel S. 253 f.; Kisch S. 625 f.; Bruck III S. 11 f.; der
Kommentar von Bibra-Lichtenberg ist in 2. Aufl. neu herausgegeben von Fischbach (1912): Ver-
ordnung, betr. die Fischerei, — 537 (Centr. Bl. S. 221 bzw. S. 106); Verordnung zur Aue-
führung des Gesetzes, betr. die Fischerei, v. 29. April 1891 (Centr. Bl. S. 224).
2 Eine Ausnahme gilt nur für die Besitzer von Fischteichen. § 33 Abs. 5 F.G. und Art. 4
Ver. v. 29. April 1892.
3 Nur für Materien untergeordneter Bedeutung sind die Bezirkspräsidenten berufen, z. B.
für die Anbringung von Kennzeichen an den iccherfabrzeugen. § 36 F.G.; vgl. Bezirkspolizeiver.
für Lothringen v. 29. Juni 1892 (Centr. Bl. S. 332), für Unterelsaß v. 12. Juli 1 (Centr.Bl.
S. 336) und für Oberelsaß v. 23. Juli 1892 (Centr. Bl. S. 345).
* Art. 5 Ver. v. 29. April 1892.
5 Auch der badische Staat bzw. das badische Domänenärar kann auf Grund des franzöfisch-
badischen Grenzvertrages v. 5. April 1840 (Bull. des Lois 1840 Série IX Nr. 8694), der zwischen
der Hoheitsgrenze (Talweg des Rheines) und der Bann(Gemarkungs.)grenze unterscheidet, Fischerei-
rechte auf dm Unrerheinischen Ufer besitzen, wie umgekehrt Elsaß-Lothringen auf dem rechterheinischen.
Während die Hoheitsgrenze die Schranke für alle hoheitlichen Akte der Staatsgewalt, ins-
besondere die Polizeigewalt bildet, ist die Gemarkungsgrenze bedeutsam für die Fra e der Geltung
des materiellen Richereirech's. Zu letzterem gehört insbesondere die Frage der Fi chereiberech=
tigung. Was die staatliche Fücchereiberechtigung angeht, so stellt das badische 7 weelgeieß 6 1) ge-
ringere Anforderungen auf wie das elsaß-lothringische Gesetz; es verlangt insbesondere nicht, daß die
Altwasser usw. jederzeit mit Fischernachen befahren werden können. Für Baden wird also unter
Umständen viel weniger leicht das staatliche Fischereirecht in linksrheinischen Gemarkungsteilen ver-
loren gehen wie für Elsaß-Lothringen in rechtsrheinischen.
Natürlich muß es den beiderseitigen Wasserbauverwaltungen unbenommen bleiben, aus wasser-
baulichen, gesundheitlichen, verkehrstechnischen Gründen Anderungen an Altwassern bzw. deren Ein-
und Ausmündungen in den Rheinstrom vorzunehmen, durch welche das staatliche Fischereirecht zum
Erlöschen kommt; diese Befugnisse sind ohne weiteres in dem bis an die Landesgrenze reichenden
Hoheitsrechte enthalten. Einen Entschädiungsanspruch kann der in Mitleidenschaft gezogene Fiskus