Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 75 Die Viehzucht. 315 
  
  
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fremden Viehes nur zugelassen werden, wenn sie von dem Schauamt untersucht und 
für tauglich befunden worden sind!. Der von dem Schauamt ausgestellte Körschein? 
ist nur für eine bestimmte Zeitdauer gültig und kann widerrufen werden, wenn nach- 
träglich die Untauglichkeit des Stieres festgestellt wird. Zur Vornahme der fraglichen 
Untersuchungen werden für jeden Kreis ein Kreisschauamt und für jeden Bezirk 
ein Bezirksschauamt errichtet 3. Das Kreisschauamt tritt jährlich einmal zur Vor- 
nahme der ordentlichen Untersuchung der Zuchtstiere zusammen; gegen die Entscheidung 
desselben steht dem Besitzer des Stieres sowie den übrigen beteiligten Viehbesitzern Be- 
schwerde an das Bezirksschauamt offen, welches endgültig entscheidet. Die Kosten der 
Schauämter werden von der Landeskasse getragen. 
In jeder Gemeinde muß die Zuchtstierhaltung geregelt werden . Es kann dies 
dadurch geschehen, daß durch Beschluß des Gemeinderats die Zuchtstierhaltung ganz 
auf Gemeindekosten übernommen wird, oder so daß die Gemeinde Stierhaltern die von 
ihr beschafften Stiere zur Unterhaltung überläßt, oder schließlich dadurch, daß die 
Stierbaltung ganz der privaten Initiative überlassen bleibt #. Auch eine genossenschaft- 
liche Zuchtstierhaltung kann eingerichtet werden. 
Die durch die Zuchtstierhaltung entstehenden Kosten find Pflichtausgaben der 
Gemeinden; die Erhebung von Umlagen von den Kuhbesitzern kann angeordnet werden. 
2. Auch hinsichtlich der Hengster ist die Tauglichkeit durch Schauämter fest- 
zustellen. Für jeden Bezirk wird ein aus fünf Mitgliedern bestehendes Schauamt ein- 
gerichtet; dasselbe tritt jährlich mindestens einmal an dem vom Gestütsdirektor bezeichneten 
Orte zusammen. Die Kosten der Schauämter trägt die Landeskasse?. Der Körschein 
wird auf ein Jahr erteilt und kann bei nachträglicher Untauglichkeit widerrufen werden. 
Zur Hebung der Pferdezucht wird ferner in Straßburg unter der Leitung eines 
Gestütsdirektors ein Landesgestüt aus Landesmitteln unterhalten, dessen Hengste 
zu bestimmten Zeiten auf die im Lande vorhandenen Stationen verteilt werden 10. 
3. In einem gewissen Zusammenhang mit der Pferdezucht steht auch die Regelung 
des Hufbeschlaggewerbes, das nur von solchen Personen ausgeübt werden darf, 
die eine Prüfung abgelegt haben 11. 
4. Für die Viehzucht von Bedeutung ist auch die Regelung der Weiderechte. 
Das Weiderecht, d. h. das Recht, Vieh auf fremden Grundstücken weiden zu lassen, 
ist durch den Code rural vom 6. Oktober 1791 (Tit. 1 Sekt. 4 Art. 1 bis 20) 
als genossenschaftliches Recht der Grundbesitzer geregelt 12. Das fragliche Gesetz unter- 
scheidet zwischen Koppelweide (parcours) und Stoppelweide (vaine päture). Unter 
dem letzteren Begriff versteht man das genossenschaftliche Rechtsverhältnis, auf Grund 
dessen die Angehörigen einer Gemeinde oder Ortschaft ihr Vieh auf dem Gemeindebann 
nach Einbringung der Ernte weiden lassen können. Als Koppelweide wird dieses 
[8 75) 1 Ges. v. v. April 1878 (G. Bl. S. 41). 
: Bgl. K. Ver. v. 29. Nov. 1897 (G. Bl. S. 89) § 7. 
* K. Ver. v. 1897; Ausf.Best des Min. v. 29. Dez. 1897 (Centr. Bl. 1898 S. 3); Ergänz. 
in der Ver. v. 18. Juli 1905 (Centr. Bl. S. 279). 
4 Für außerordentliche Untersuchungen ist eine Gebühr zu entrichten. 
5 Ges. v. 9. Juli 1900 (G.Bl. S. 137): Ausf. Best. v. 6. März 1901 (Centr. Bl. S. 90). 
"* Zu letzteren Falle wird das Verhältnis zur Gemeinde durch schriftliche Vereinbarung geregelt. 
5 Fnrn¾ 5. April 1880 (G. Bl. S. 69); K. Ver. v. 3. Mai 1880 (G. Bl. S. 117). Vgl. 
§5 56 ew. O. 
* Mitglieder find der Gestütsdirektor (Landesstallmeister), der Landestierarzt und drei Mit- 
glieder, von denen eines die Bezirkstage, eines der Pferdezuchtverein von E.-L., eines der Landes- 
verband der landwirtschaftlichen Kreisvereine auf drei Jahre wählt. 
v duch hier find für die Kosten außerordentlicher Untersuchungen besondere Gröcseen zu zahlen. 
10 Außerdem dienen Lrämienverleihungen für Zuchthengste zur Hebung des Pferdematerials. 
Val. Min. Ber. v. 19. Aug. 1899 Centr. Bl. S. 99). 
11 Ges. v. 5. Mai 1390 (G.Bl. S. r Min. Ver. v. 4. Aug. 1890 (Centr. Bl. S. 217), v. 
16. Mai 1900 (Centr. Bl. S. 159). In Straßburg, Metz und Mülhausen sind besondere Hufbeschlag- 
schulen errichtet. Bestimmungen zur Ausführ. d. Ges. v. 5. Mai 1890, betr. die Ausbung des 
Hufbeschlaggewerdes, v. 19. Okt. 1911 (Centr. Bl. S. 814). 
1½3 Vgl. Leoni-Mandel S. 242; Kisch S. 715; Molitor-Stievde S. 26 f.: E.G. 
B. G. B. Art. 164.
	        
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