Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

316 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 75 
  
  
Rechtsverhältnis dann bezeichnet, wenn die Weidebefugnis von den Viehbesitzern zweier 
oder mehrerer Gemeiden auf den Gemeindebännen gegenseitig ausgeübt wird. Soweit 
die Weiderechte nicht auf einem besonderen Titel beruhen oder durch Gesetz oder un- 
vordenklichen Ortsgebrauch anerkannt sind, gelten sie als abgeschafft (Code rural Art. 2 
und 3 Abschn. 4). Berechtigt zur Teilnahme an dem Weiderecht sind nicht nur die 
Eigentümer, sondern auch die Pächter und Nießbraucher eines dem Weiderecht unter- 
worfenen Grundstücks 15; nicht erforderlich ist der Wohnsitz in der Gemeinde 
(Art. 14). Die Ausübung des Weiderechts wird unter aen sea des Orts- 
gebrauchs durch den Gemeinderat geregelt (§ 56 Ziff. 12 Gem.O. 5 Feldp. 2 G.u), 
der namentlich die Zahl des Weideviehs nach Verhältnis des Gennsdlestdes regelt. 
Haushaltungsvorstände, welche dem Weidegang unterworfene Ländereien nicht besitzen, 
dürfen eine Kuh mit Kalb und sechs Stück Wollvieh weiden lassen (Art. 12 bis 14 45). 
II. Das Veterinärwesen. Die Tierheilkunde ist ebenfo wie die Heilkunde 
von der Gewerbeordnung (§ 29) freigegeben. Nur die Führung des tierärztlichen 
Titels oder die Übernahme eines öffentlichen Amtes, mit welchem tierärztliche Vor- 
richtungen verbunden sind, erfordern einen Befähigungsnachweis (Approbation) 16. 
Ahnlich wie für die Arzte besteht auch für die Tierärzte vor dem Beginn der Aus- 
übung der Praxis und bei jeder Verlegung des Wohnsitzes eine Meldepflicht 7 an den 
jeder Kreisdirektion beigegebenen Kreistierarzt. Neben den Kreistierärzten sind in 
manchen Kantonen noch Kantonaltierärzte angestellt 1. Die oberste Leitung des 
gesamten Veterinärwesens liegt beim Ministerium, dem ein Landestierarzt als 
technischer Beirat zugeteilt ist. Die approbierten Tierärzte dürfen Arzneien mit Aus- 
nahme von Giften an ihre Kunden abgeben 1°5. 
Nach dem Reichsviehseuchengesetz vom 26. Juni 1909 (R.G. Bl. S. 519) 8§ 2, 17 
haben die beamteten Tierärzte und im Falle ihrer Verhinderung die nichtbeamteten 
approbierten Tierärzte die zur Bekämpfung der Viehseuchen auf Märkten und in 
Schlachthäusern zu treffenden Maßnahmen zu überwachen 2. 
IIII. Die Seuchengesetzgebung. Eine der stärksten Hinderungsgründe für 
die Entwicklung eines gesunden Viehbestandes sind die verschiedenartigen Seuchen, die 
trotz intensiver Bekämpfung noch in starkem Maße über das europäische Festland ver- 
breitet sind. Das älteste der hierher gehörigen seuchenpolizeilichen Gesetze ist das 
Reichsgesetz, betreffend Maßregeln gegen die Rinderpest, vom 7. April 1869 
(B. G Bl. S 105 71). Das Gesetz fieht eine Meldepflicht derjenigen vor, die von der 
z Künstliche, d. h. alle wit Berieselungs- und Drainageanlagen versehenen Grundstücke 
(& 6 Ges. v. 8 Mai 1877, G. Bl. S. 12) find von dem Weiderecht ausgenommen, degleichen be- 
pflanzte Grundstücke vor dit Ernte, Wiesen vor Einerntung des rsten Grasschnittes und eingefriedigte 
Grundstücke (Art. 4—7, 9, 10). — Außerdem kann durch Beschluß des Bezirkspräsidenten nach Ein- 
holung des Gutachtens föe Bezirkstages (§ 49 Feldpeliin & die Angũbung ges Weiderechts 
während bestimmter Zeit verboten werden. l. Elf.-I. 16 S 
5s Über die Ablösung des Weiderechts durch Spatl aft— rivate durch Landabtretung 
(cantonnement) vgl Art. 18t": Leoni-Mandel S. 248: Molitor-Stieve S. 28. 
* Vgl. die nach den Vorschriften “ Bundesrats erlassene rüfungsordnung jür Tierärzte 
v. 13. * 1889 (Centr. Bl. f. d. D. R. S. 421) und v. 26. Juli 1902 (a. a. O. S. 248). — Eine 
tierärztliche Lehranstalt besteht in E.-L. nicht. 
17 Bezirkspol.Ver. v. 2.—4. Sept. 1903 Centr. Bl. S. 155, 159). — ülber die Ausübung der 
tierärztlichen Praxis an der Schweizer Gernze vgl. die übereinkunft zwischen Deutschland und der 
Schweiz v. 29. Febr. 1884 (R.G.Bl. S. 45 
is Ver. des Präf. des Unterelsaß v. 17. Okt. 1868. Die Aufgabe der Kantonaltierärzte be- 
steht hauptsächlich darin, die kranken Tiere armer Leute unentgeltlich zu kehanden. Sie gelten ebenso 
wie die Kreistirrärzte als beamtete Tierärzte im Sinne des Reichsviehseuchengesetzes. Leoni- 
ande 
% Dalloz, Rép. v. vétérinaire Nr. 12 und Kaff. v. 17. Juli 1867, D.P. 68. 1. 84; 
Leoni-Mandel S. 243 N. 12. 
20 Die hierdurch entstehenden Kosten fallen dem Unternehmer zur Last. § 6 A.G. z. Reichs- 
viehseuchengeset v. 5. Aug. 1912 (G. Bl. S. 1 
as KNinderpest esetz ist in E.-L. Tl ert durch Ges. v. 11. Dez. 1871 (G. Bl. S. 
Reichsges. v. 25. Febr. 1876 1R. G. Bl. S. 163), betr. die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Jeeh 
beförderun — auf Eisenbahnen. Ausführungsvorschriften sind enthalten in der revidierten Instr. v 
9. Juni 1873; Bek. des Reichskanzlers v. 9. Juli 1873 (G. Bl. S. 170); Reichsges. v. 21. Mai 1878,
	        
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