8 75 Die Viehzucht. 317
Krankheit Kenntnis bekommen, ferner Maßregeln zur Verhinderung der Einschleppung
und Weiterverbreitung der Seuche. Dem Reichskanzler ist von den seitens der Landes-
verwaltungen getroffenen Maßnahmen Anzeige zu erstatten (§ 11). Für die getöteten
Tiere, vernichteten Gegenstände usw. wird Entschädigung aus Reichsmitteln gewährt.
Das Reichsviehseuchengesetz vom 26. Juni 1909 (R.G.Bl. S. 519 2)
regelt das Verfahren zur Bekämpfung übertragener Viehseuchen mit Ausnahme der
Rinderpest. Vieh im Sinne des zitierten Gesetzes sind alle nutzbaren Haustiere, ein-
schließlich der Hunde, der Katzen und des Geflügels. Schlachtvieh ist dasjenige
Vieh, von dem anzunehmen ist, daß es behufs Verwendung des Fleisches zum Genusse
für Menschen alsbald geschlachtet werden soll. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Seuche
verdächtigen und der Ansteckung verdächtigen Tieren (§ 1 Abs. 4). Die zu
treffenden Maßnahmen richten sich indessen gegen beide Kategorien von Tieren. Die
Anordnung und Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln liegt den Landesregierungen
und deren Organen ob?23. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren, über die
Form der Anordnungen, die Zuständigkeit der Behörden und die Bestreitung der Kosten
sind von den Einzelstaaten zu treffen. Dem Reichskanzler liegt die Überwachung der
Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen und Anordnungen ob.
Die gesetzlichen Bestimmungen dienen teils der Abwehr der Einschleppung der
Seuchen aus dem Auslande (§§ 6 bis 8), teils der Bekämpfung der Viehseuchen im
Inland. In ersterer Hinsicht gelten Einfuhr= und Durchfuhrverbote, in letzterer be-
stehen eine Anzeigepflicht?" und gewisse andere Schutzbestimmungen, welche sich teils
gegen die ständige Gefährdung ?5 des Viehbestandes (§ 17), teils gegen eine besondere
Seuchengefahr 26 richten (§ 18). In letzterer Beziehung kommen in Betracht die Ab-
sonderung, Bewachung, polizeiliche Beobachtung seuchenverdächtiger Tiere, Beschränkungen
des Personenverkehres, der Benutzung und des Transports derartiger Tiere; Verbot
des gemeinschaftlichen Weideganges und des freien Umherlaufenlassens sowie die Stall-,
Standorts-, Gehöfts= und Feldmarksperre (§ 19 bis 22). Des weiteren sind zu er-
wähnen die Impfung der für die Seuche empfänglichen Tiere (§ 22), die Beschränkung
der Viehmärkte (§ 28), die tierärztliche Untersuchung der am Seuchenort befindlichen Tiere
(§ 29) und die öffentliche Bekanntmachung des Seuchenausbruchs (§ 30). Eine Reihe
weiterer Bestimmungen sehen Vorschriften für einzelne Seuchen vor (§8 31 bis 65).
Für den Verlust von Vieh, daß auf amtliche Anweisung getötet worden ist, wird
betr. die Bestrafung der uwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Niudegpes erlassenen Vieh-
einfuhrverbote (R. G. Bl. 95). Min. Ver. v. 18. März 1907 (Centr. Bl. S. 70).
* Val. Gugel, Reichsviehseuchengese * 1912.
ꝛ2 Min. Ver., betr. Ausführungsvorschristen zum Jihluchengeset, v. 26. Juni 1909, zum
Gisthe betr. “*•½ Beseitigung von Tierkadavern, v. 17. Juni 1911, und zum Vollzug des Landes-
gesetzes v. ug
ꝛ4 des Ges. Die Anzeige ist underüglich spätestens binnen 24 Stunden zu machen.
N.G. (Str.) v. 12. Juni 1911, Reger E. 32 107. Im Falle der Sen zutrheimllichung geitr
eventuell eine Schebergersahüch, des Anzeigepflichtigen gegenüber dem Geschädigten ech
Abs. 2 B.G. B. ein. Sg. Min. Ver., betr. die veterinärpol. Kontr. der bei dem Kach
verwend ugtiere, v. 22 Such 1911 (Centr. Bl. S. 368).
ierher gehört 3. B. die Verpflichtung zur Beibringung von gesngheitshensnasher.
817 zifde usfü rungsvorschriften des Bundesrats v ez. 1911 §§ 16—19. Vga
(Str.) 43 (1910) S 7. — Die Pflicht, den Führer des BViehtransports mit einem Gesundheits-
schein zu versehen, trifft den gite geber auch dann, wenn er das Vieh nicht in Person „ausführt“.
O.L. G. Colmar v. 2. Okt. Elsel3 28 S. 36. Über die Eigenschaft der Gesundheitszeugnisse
als öffentliche 14—— #u. * (Str.) 34 S. 217. Den Biehhändlern, insoweit sie den
Handel im Umherziehen betreiben, kann von den Landesregjerungen die Führung eines Kontroll-
buches aufgegeben werden. N.G.E. (Str.) 38 S 166. Uber den Begriff des Viehhändlers vygl.
O.L G. „Folmar v. 26. Nov. 1911 (Els.-l. 3Z. 28, S. 379).
26 Für die auf Grund des § 18 zu erlassenden Anordnungen ist das Vorhandensein einer
bestimmen Seuchengefehr Voraussehung (vgl. R.G.E. [Str.] 36 S. 359, 37 S. 9 und 38 S. 59;
abw. Gugel a. a. O. S. XI). Es ergibt gach das aus dem Wortlaut des Gesetzes und aus dem
Umstand, daß die Maßregeln nur für die Dauer der Seuchengefahr angeordnet werden dürfen. —
Eine polizeiliche Anordnung nach Maßgabe der §85 18 f. muß erkennen lassen, daß sie einer als vor-
handen angenommenen konkreten rrit ahr entsprungen ist und nicht lediglich präventive
Maßnahmen vorfieht (N.G.E. 38 S. 59) P„raze ob eine Seuche tat achlich ausgebrochen
ist, ist aber der richterlichen Prüfung entzoge gl. R.G. E. (Str.) 37