8 76 Das Bergwesen. 323
lust teil; für die ausgeschriebenen Beiträge (Zubußen) haften sie mit ihrem eigenen
Vermögen, können sich jedoch durch Aufgabe ihrer Kuxe von dieser Haftung befreien.
XI. Für die Arbeiter, welche auf Bergwerk, Aufbereitungsanstalten, Salinen
und den zugehörigen Betriebsanstalten beschäftigt sind, sollen Knappschaftsvereine
bestehen, welche den Zweck haben, ihren Mitgliedern und deren Angehörigen Unter-
stützung in Krankheits-, Sterbefällen und anderem zu gewähren. Das Ministerium be-
stimmt die Bezirke und bestätigt die Statuten der Knappschaftsvereine; mit der Be-
stätigung werden sie juristische Personen (ét. T'utilité publique). Die Knapp-
schaftsvereine find Zwangs verbände hinsichtlich der in ihrem Bezirke beschäftigten Berg-
werksarbeiter. Die Werks= und Verwaltungsbeamten sind zum Beitritt berechtigt,
ebenso diejenigen Personen, die speziell im Bergwerksbetrieb oder in ähnlichen Unter-
nehmungen industrieller Art, die mit den Bergwerken in gewissem Zusammenhang stehen.
Die Statuten des Vereins werden von den Werkbesitzern unter Mitwirkung
eines Arbeiterausschusses aufgestellt. Organe des Vereins sind der zur Hälfte aus den
Werkbesitzern, zur Hälfte aus den Knappschaftsältesten bestehende Knappschafts vorstand
und die Knappschaftsältesten 21. Die Aussicht über die Vereine führen die Berg-
behörden (Bergmeister).
Sowohl die Arbeiter wie die Werkbesitzer sind beitragspflichtig, und zwar sollen die
letzteren mindestens die Hälfte der Beiträge der Arbeiter leisten. Alle Beiträge können
nach vorheriger Festsetzung durch das Ministerium wie direkte Steuern beigetrieben werden.
Die Rechte der Mitglieder sind nach verschiedenen Klassen abgestuft. Die
vollberechtigten Mitglieder haben Anspruch auf Unterstützung in Krankheitsfällen, auf
Sterbegeld, Invaliden-, Witwen= und Waisenunterstützung. Das Ministerium kann
hinsichtlich der Kranken= und Sterbefallsunterstützungen besondere Krankenkassen auf
den zu einem Knappschaftsverein gehörigen Werken einrichten.
Die besonderen rechtlichen Verhältnisse zwischen den Bergbautreibenden und
ihren Arbeitern und Betriebsbeamten sind durch die Novelle vom 8. Dezember 1909
(G. Bl. S. 138) geregelt. Es sind darin insbesondere eine Arbeitsordnung
(§§ 74 f.), ein Arbeitsbuch und besondere, den Beginn und das Ende des Dienst-
verhältnisses regelnde Bestimmungen vorgesehen.
XII. Die Bergbehörde. Bergbehörde erster Instanz ist der Bergmeister,
übergeordnete Instanzen sind das Ministerium (Oberbergbehörde) und der Statthalter
(Oberste Bergbehörde). Über Rekurse gegen Verfügungen des Bergmeisters entscheidet
das Ministerium endgültig. Gegen die vom Ministerium in erster Instanz erlassenen
Entscheidungen ist binnen vier Wochen Rekurs an den Statthalter zulässig. Die in
Bergbausachen bei den Bergbehörden erwachsenden Kosten werden auf Grund eines
vollstreckbaren Beschlusses nach Art der direkten Steuern beigetrieben.
XIIII. Die mit dem Bergbau verbundenen besonderen Gesahren für die Arbeiter
und für die öffentliche Sicherheit erfordern eine besonders ausgedehnte Handhabung
der staatlichen Polizeigewalt. Die Betätigung derselben geschieht wie gewöhnlich
durch den Erlaß von Polizeiverordnungen und Polizeiverfügungen 205. Für den Erlaß
der Verordnungen ist das Ministerium als Oberbergbehörde zuständig, für den
Erlaß der Polizeiverfügungen der Bergmeister. Vor Erlaß der Verfügung soll
tunlichst der Bergwerksbesitzer oder sein Stellvertreter gehört werden; bei Dringlichkeit
kann die vorherige Anhörung unterbleiben. Die Bekanntmachung der Verfügung
erfolgt durch Zustellung an den Bergwerksbesitzer oder durch Eintrag in das Zechen-
buch. Falls den polizeilichen Auflagen 26 nicht nachgekommen wird. können sie zwangs-
weise auf Kosten des Bergwerksbesitzers durchgeführt werden.
aufgelöst, denn sie ist ein von den Gewerken verschiedenes Rechtssubjekt, welchem allein das Eigentum
am Bergwerk gehört. O.L.G. Colmar v. 26. März 1907, Els.-l. Z. 33 S. 414, und v. 10. März
1910, ebenda 36 S. 127.
24 Dieselben gehen aus Wahlen der Vereinsmitglieder hervor und haben die Rechte der letzteren
gegen den Vorstand zu wahren.
L Algem. Bergpolizeiverordn. v. 24. März 1905 (Gentr. Bl. S. 189) sowie v. 13. Nov. 1902
lebenda S. 275). 26 Verf. v. 15. Nov. 1880; Leoni-Mandel S. 259.
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