324 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 77
Gefahrdrohende Zustände sind von dem Betriebsführer oder dem ihn vertretenden
Grubenbeamten sofort der Bergbehörde mitzuteilen. Unglücksfälle (Tod, Verletzung
eines Menschen) sind außerdem noch der nächsten Polizeibehörde unverzüglich anzuzeigen.
Die erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr oder zur Rettung von
Personen trifft der Bergmeister; die Besitzer benachbarter Bergwerke sind zur Nothilfe
verpflichtet. Die Kosten der notwendigen Maßnahmen hat der Bergwerksbesitzer, vor-
behaltlich eines etwaigen Entschädigungsanspruches gegen schuldige Dritte, zu tragen?7.
XIV. Für das Staatsgebiet wird eine aus 19 Personen bestehende Bergbau-
kommission gebildet, die alljährlich mindestens einmal zusammenzutreten und sich
über bergwirtschaftlich, bergtechnische, bergpolizeiliche und sonstige das Gebiet des Berg-
baues berührende Fragen zu äußern hat. Der Vorsitzende und dessen Stellvertreter
und drei weitere Mitglieder werden von der Oberbergbehörde ernannt; drei Mitglieder
wählt die Erste Kammer, fünf Mitglieder die Zweite Kammer. Sechs Mitglieder
— zur Hälfte Arbeitgeber, zur anderen Hälfte Arbeitnehmer — werden nach näherer
Vorschrift, die von der Oberbergbehörde erlassen wird, von den Vorständen der landes-
gesetzlich anerkannten Knappschaftsvereine gewählt.
§ 77. Handel, Gewerbe, Kunst. I. Handel. Nach dem Gesetz vom
17. März 1791 ist es jedem Bürger freigestellt, Handel und Gewerbe nach seinem Be-
lieben zu treiben, er muß sich jedoch an die Vorschriften der Gewerbeordnung und der
Polizeiverordnungen halten.
Der Staat fördert den Handel, abgesehen von der Schaffung besonderer Rechts-
sätze und Gerichte (Kammern für Handelssachen) für Kaufleute, durch die Errichtung
von Handelskammern! und Börsen.
1. Die Handelskammern sind gemeinnützige Anstalten mit der Aufgabe, die
Interessen von Handel und Industrie in ihrem Bezirke zu vertreten. Es gibt in Elsaß-
Lothringen im ganzen vier Handelskammern, nämlich zu Straßburg, Metz, Kolmar und
Mülhausen. Die Neuerrichtung von Handelskammern erfolgt durch landesherrliche,
vom Statthalter zu vollziehende Veordnung; dieselbe enthält gleichzeitig Bestimmungen
über den Umkreis der Bezirke und die Zahl der Mitglieder?. Die Mitglieder der
Kammer werden von den in einer Wählerliste aufgeführten Vertretern des Kaufmanns-
und des Fabrikantenstandes gewählt; die Aufstellung der Liste erfolgt durch die Handels-
kammer an Hand der Heberolle 2. Die Liste wird acht Tage zur Einsicht ausgelegt.
Einwendungen gegen die Liste entscheidet die Handelskammer bzw. die von ihr zu
diesem Zwecke eingesetzte Kommission. Den Zeitpunkt der Wahlen bestimmt der Be-
zirkspräsident. Über die Einsprüche gegen die Wahlen entscheidet das Ministerium.
Die Mitglieder der Handelskammer werden auf sechs Jahre gewählt; alle zwei Jahre
erneuert sich die Kammer zu einem Drittel.
Wahlberechtigt sind alle Personen und Gesellschaften des Handelskammer=
bezirks, die zur Zahlung der Abgaben für die Handelskammer veranlagt sind. Voraus-
setzung ist ferner Besitz der Reichsangehörigkeit und der bürgerlichen Ehrenrechte ".
Wählbar sind die zur Wahl Berechtigten und die ehemaligen Kaufleute und In-
dustriellen, die seit mindestens drei Jahren im Bezirke der Kammer wohnen.
Die Handelskammer wählt alle zwei Jahre aus ihrer Mitte den Vorsitzenden,
27 Die im Berggefetz dem Bergwerksbesitzer auferlegten Beschränkungen und die darauf be-
Dsimhenden besonderen polizeilichen Anordnungen enthalten keinen Eingeiff in das Bergwerksz-
eigentum und ziehben auch keinen Entschädigungsanspruch gemäß § 40a A.G. B. G. B., der sich nur
auf die Schädigung durch öffentliche Arbeiten bezieht, nach sich. O.L.G. Colmar v. 27. Mai
1909, Elf.-I. 3. 35 S. 136.
[§7] Ver. v. 14. April 1897 (G. Bl. S. 35),; Wahlordnung v. 11. Juli 1897 (Centr. Bl. S. 246),
15. Okt. 1900 (Centr. Bl. S. 234). Über das Wappen der Handelskammer Ver. v 15. Juni 1904
(G. Bl. S. 41) § 1. Vgll. Haug, Die Handelskammer zu Straßburg. 190##.
2 Val. für Colmar Ver. v. 11. Okt. 1872 (G. Bl. S. 67), für Straßburg Ver. v. 22. März
1901 (G. Bl. S. 28), für Metz Ver. v. 8. Sept. 1900 (G. Bl. S. 140).
Ver. v. 15. Okt. 1 (Centr. Bl. S. 234), v. 22. Okt. 1902 (Centr. Bl. S. 261) und v.
8. Dez. 1904 (Centr. Bl. S. 180).