330 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 78
behörde gegenüber als Vertreter der Unternehmung zu gelten hat (Hauptvertreter,
Hauptniederlassung) .
Ausländische Versicherungsgesellschaften konnten früher ihren Geschäftsbetrieb
in Elsaß-Lothringen nur ausüben, wenn sie daselbst einen „erwählten Wohnsitz“ hatten;
diese Voraussetzung ist nunmehr weggefallen. Wenn die betreffenden ausländischen
Unternehmungen durch den Reichskanzler (§ 85 f.) zugelassen sind, sind sie zwar noch
Förmlichkeiten gewisser Art unterworfen, können aber sonst ihr Gewerbe ungehindert
ausüben.
IV. Kunst und Denkmalspflege. Der Pflege der Kunst und des Kunst-
gewerbes dient die kunstgewerbliche Schule in Straßburg; Zentralstelle für die Förderung
elsaß--lothringischer Kunst ist der Ministerium (Abteilung des Innern).
Die Denkmalspflege"“ beruht noch auf den Verfügungen und Zirkularen französischer
Minister aus der Zeit von 1821—1853, deren Gültigkeit unterm 7. Januar 1874
vom Oberpräsidenten anerkannt worden ist"7v. Für die Hauptstütze der französischen
Denkmalschutzgesetzgebung die „commission des monuments historiques“, ist ein Ersatz
bisher allerdings nicht geschaffen worden. Am 19. Februar 1901 wurde durch
Ministerialverfügung das Kaiserliche Denkmalsarchiv zu Straßburg gegründet,
welches hauptsächlich Zeichnungen und Photographien der in Elsaß-Lothringen vor-
handenen geschichtlichen Denkmäler enthält. Mit der Leitung des Denkmalsarchivs und
der Durchführung der Denkmalschutzverwaltung ist ein Konservator beauftragt, zu
dessen Unterstützung die in den einzelnen Kantonen ernannten Denkmalspfleger
bestimmt sind. Das gegenwärtig in Elsaß-Lothringen bestehende Klassierungs-
system“"' hat nur verwaltungstechnische und keine rechtliche Bedeutung Es besteht
ein Verzeichnis der klassierten Denkmäler; zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen
gegen die Eigentümer klassierter Denkmäler bietet nur das Enteignungsgesetz von 1841
allenfalls eine Handhabe.
Siebenter Abschnitt. Bau- und Verkehrswesen!.
§ 78. Die Bau= und Feuerpolizei. A. Das Baupolizeirecht regelt die
öffentlich-rechtlichen Pflichten und Beschränkungen der Eigentümer von Baugrundstücken
einerseits und die Befugnisse der Baupolizeibehörden gegenüber den Bauenden und den
Bauten andererseits?'. Diejenigen Beschränkungen, welche der Baufreiheit im Interesse
der Privateigentümer gezogen sind, sind im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Ausführungs-
gesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten 3; ihre Verletzung zieht, anders als bei
ven, osszetlich.rechtlichen Beschränkungen, nicht Strafe, sondern Schadensersatzpflicht
nach sich“.
Die oberste Leitung der gesamten Baupolizei hat das Ministerium (Abteilung
für Landwirtschaft und öffentliche Arbeiten), dem als begutachtendes Organ die
Landesbaukommission zugeteilt ist. Zur Überwachung und Ausführung der
(5 Vgl. wegen des Näheren § 51 Landesstempelges.
Das französische Lenkmasschußgeet v. 20. März 1887 gilt natürlich in E.-L. nicht. Vor-
bereitungen zur Schaffung eines elsaß lothringischen Denkmalschutzgesetzes sind im Gange.
“ B9gl. insbesondere auch die Verf. des Oberpräsidenten v. 10. Aug. 1874, die sich gegen das
Graben nach Altertümern und das Verschleppen derselben richtet: ferner Verf. v. 9. Nov. 1875, die
eine Anweisung an die Oberförster, betr. das ssuen von Grabhügeln, enthält. Vgl. Wolff,
Handbuch der ihoBri2 1903; Dienstanweisung für die Konservatoren v. 18. März 1908
(Centr. Bl. S. 29).
“8 Die Klassierung ersolgt regelmäßig durch den Staatssekretär und wird im Centralblatt
bekannt gemacht.
[& 78) 1 Förtsch-Caspar, Els.-l. Baurecht 1878; Leoni-Mandel S. 194; Bruck II S. 197.
28 v. Stengel-Fleischmanns Wört. I S. 313.
2* Vgl. Kisch, Landesprivatrecht, S. 587 f.; Nürck S. 201 f.; Molitor-Stieve S§ 64 f. Anm.
Die nachbarrechtlichen Beschränkungen können ferner durch Vertrag aufgehoben und ge-
ändert werden. 5 Ver. v. 24. Jan. 1908 (Centr. Bl. S. 33).
. Anweisung für die überwachung der Hochbauten vom 30. Dez. 1907 (Centr Bl. 1908 S. 3
Beil. S. 88) und v. 24. März 1908 (Centr. Bl. S. 176). Bestimmungen über die Einrichtung der