8 78 Die Bau- und Feuerpolizei 331
Staats- und Bezirkshochbauten sowie der aus Landesmitteln unterstützten Hochbauten
der Gemeinden und öffentlichen Anstalten dienen die bei den Bezirkspräsidenten ange-
stellten Hochbauinspektoren 6.
I. Die öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen beruhen vorwiegend auf landes-
rechtlichen Bestimmungen ?. Reichsrechtliche Bestimmungen enthält dagegen 1. das
Gesetz vom 21. Dezember 1871 (R.G. Bl. S. 459) über die Beschränkungen des Grund-
eigentümers in der Umgebung von Festungen , das in Elsaß-Lothringen durch Gesetz
vom 21. Februar 1872 (R.G. Bl. S. 56, G.Bl. S. 133) eingeführt worden ist'.
Nach § 1 des Reichsgesetzes unterliegt das Grundeigentum (auch das staatliche) in der
nächsten Umgebung der bereits vorhandenen sowie der in Zukunft anzulegenden dauernden
Befestigungen, gewissen Beschränkungen, die, je nachdem es sich um den ersten, zweiten oder
dritten Rayon handelt, mehr oder weniger weitgehende sind. Die Beschränkungen, denen
das Grundeigentum innerhalb der Rayons unterliegt, haben den Charakter öffentlich-
rechtlicher Grunddienstbarkeiten; es handelt sich durchweg um Verbote, Anderungen der
Terrainoberfläche vorzunehmen, und zwar sind die Verbote entweder absolute, indem
sie solche Anderungen überhaupt ausschließen, oder relative, indem sie ihre Vornahme
von der Genehmigung der Kommandantur abhängig machen. Das vor der Ausführung
der Arbeiten an die Ortspolizeibehörde zu richtende Gesuch, betreffend Genehmigung
der Vornahme von Arbeiten, wird an die Kommandantur weitergesendet. Gegen die
Entscheidung der Kommandantur in allen Rayonangelegenheiten ist binnen einer
Ausschlußfrist von vier Wochen der Rekurs an die Reichsrayonkommission
zulässig, die entgültig entscheidet. Grundsätzlich leistet das Reich für die infolge des
Reichsrayongesetzes eintretenden Beschränkungen Entschädigungen an die Grund-
besitzer, und zwar regelmäßig in Form von Renten. Der Anspruch ist binnen einer
sechswöchigen Frist nach Feststellung des Rayonplans bei der Kommandantur geltend
zu machen. Diese teilt die Anmeldung der höheren Verwaltungsbehörde (Bezirks-
präsidium) mit, die einen Kommissar ernennt, der die Entschädigungsansprüche in Gegen-
wart der Entschädigungsberechtigten erörtert und beurkundet. Falls eine Einigung
nicht erzielt wird, steht dem Grundeigentümer der Rechtsweg offen 10.
2. Weitere reichsgesetzliche Bestimmungen sind im Reichsstrafgesetzbuch (&8§ 330,
366 Nr. 9, 10, 367 Nr. 12—15, 368 Nr. 3, 4, 369 Nr. 3 11) und in der Ge-
Hochbauverwastung v. 21. Mai 1910 Centr. Bl. S. 3). Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung
der Anwärter für den höheren Baudienst v. 1. Sept. 1906 (Centr. Bl. S. 18°). Über die Genehmigung
dan Hemeindebanen und die Stellung der Kommunalbaumeister O L.G. Colmar v. 28. März 1906,
Es kommen in Betracht: Edikt v. Dez. 1607;: Ver. v. 17. Juni 1721; Ordonnanz v. 29. März
1754; Ver. v. 27. Febr. 1765, Ges. v. 22. Juli 1791 Art. 29: Ges. v. 16. Sept. 1807, Ges. v. 4. Mai
1864; Ges. v. 21. Mai 1836. Das große Straßenwesen ist behandelt in dem Min, Zirt. v. 20. Sept.
1858 und für die Vizinalstraßen in dem Min. Zirk. v. 21. Juli 1854. Férand-Girand, Traité
de la grande voirie et de la voirie urbaine. «
s Von den landesrechtlichen Baubeschränkungen in der Umgebung von Festungen sind
zu erwähnen: das Verbot von Bauten außer Abschlußmauern, Gasröhren, hölzernen Einfriedigungen,
Zäunen, Anpflanzung hochstämmiger Bäume, Auffpeicherung leicht brennbarer Stoffe (Holz, Reifig)
usw. in einem Umkreis von 25 m von der Umfassung eines Pulvermagazins gerechnet. Ferner sind
bis auf 50 m Entfernung. gewerbliche Bet iebe mit Feuerherden autsschlosen (Ges. v. 22. Juni
1854, welches durch das Rayongesetz nicht berührt worden ist). Anlagen, welche die nötige Ent-
fernung nicht einhalten, können beseitigt werden. — Der Entschädigungsanspruch richtet sich
bei gewerblichen Betrieben mit Fruerungsanlage nach dem Enteignungsgesetz, sonst nach dem Gesetze
v. 16. Sept. 1807. Vgl. auch Art. 109, 111 E.G. B.G. B. Uber Zwangsenteignung zur Vornahme
dringender Festungsbauten vgl. O. L G. Colmar (Kass.) v. 23. Dez. 1908, Rhein. Z. Bd. 1 S. 550.
Uber Rayonentschädigung vgl. ferner R.G. v. 6. Febr. 1913, Jur. Woch. 1913 S. 444.
*Vagl. v. Stengel-Fleischmann, unter „Festungen“ I S. 768. Laband IV S. 313f.
Das Leich ist in Elsaß-Lothringen am 14. März 1872 in Kraft getreten. Es ist geändert durch
Art. 54 E. G. B. G. B
1 Über die richterliche Fcststellung der Entschädigunfeopflcht (Prüfung der gesetzlichen Voraus-
ungey) O Colmar v. 8. Juli 1910, D. J.3. 1911 S. 544. K.6. v. 23. Febr. 1911 E.
iv.) 76 S. 49.
½1 Zu § 366 Nr. 9, 10: (Straßenreinigungspflicht) vgl. O L.G. Colmar v. 12. Dez. 1899,
Els.-I. 3. 26 S. 461; vgl. Bd. 25 S. 421; Art. 10 Dekr. v. 10. Aug. 1852 findet nur auf die im
Ges. v. 30. Mai 1851 bezeichneten Straßen, nicht aber auf alle Ortsstraßen Anwendung. Wgl.