Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 80 Das Enteignungorecht. 351 
II. In Elsaß- Lothringen ist das Enteignungsrecht hauptsächlich in dem Gesetze vom 
3. Mai 1841 geregelt, das in einem wichtigen Punkte, nämlich hinsichtlich der Feststellung 
der Entschädigungen, durch das Gesetz vom 20. Juni 1887 ergänzt worden ist". Art. 3 
des Gesetzes von 1841 bestimmt, daß zu allen großen öffentlichen Arbeiten ohne 
Rücksicht auf die Person des Unternehmers ein Gesetz, zu kleinen Arbeiten dagegen 
nur eine königliche Verordnung nötig sei. Das Senatuskonsult vom 25. Dezember 1852 
änderte dies dahin, daß in allen Fällen ein kaiserliches Dekret (décret rendu en 
korme de reglement d’administration publique) ausreichend sein sollte. Da aber 
dies außerordentlich weitgehende Recht des Kaisers in Widerspruch mit dem Budget- 
recht der Kammer zu stehen schien, wurde am 27. Juli 1870 ein Gesetz erlassen, das 
die Befugnisse des Kaisers einschränkte. Das am 3. August 1870 publizierte Gesetz 
trat in Elsaß-Lothringen am 8. und 9. August gleichen Jahres, also zu einer Zeit in 
Kraft, wo ein Teil Elsaß-Lothringens schon durch die deutschen Truppen besetzt war“. 
In dem damals noch nicht okkupierten Gebiete gilt das Senatuskonsult von 1852 
weiter. Das Gesetz von 1870 bestimmt in Abweichung von dem Senatuskonsult, daß 
bei großen Arbeiten des Staates oder eines anderen Unternehmers die Notwendigkeit 
der Enteignung durch Gesetz festgestellt werden muß. Diese Bestimmungen sind fort- 
geltend in Kraft geblieben 7. 
Voraussetzung der Enteignung ist die Erklärung der Gemeinnützigkeit!"“ 
des Unternehmens, für welches die Enteignung geplant ist. Dies geschieht durch ein 
Gesetz, wenn es sich um die sogenannten großen öffentlichen Arbeiten des 
Staates (Staatsstraßen, Kanäle, Eisenbahnen, Kanalisierung von Flüssen, Binnenhäfen 
und Docks) handelt. Für die sogenannten kleineren Arbeiten? genügt eine 
landesherrliche, durch den Statthalter zu vollziehende Verordnung10. 
1. Gegenstand der Enteignung kann nicht bloß das Privateigentum eines 
Untertanen, sondern auch das private Gut des Staates oder eines öffentlichen Ver- 
bandes sein 11. Falls das Gesetz oder die Verordnung das zu enteignende Gebiet nicht 
von vornherein bezeichnen, muß dies durch eine besondere Verfügung des Bezirks- 
präsidenten geschehen. 
2. Vor dem Erlaß des Gesetzes bzw. der Verordnung hat ein Vorverfahren 
stattzufinden, welches Gelegenheit zur Prüfung der Frage über die öffentliche Nützlich- 
keit des Unternehmens bieten soll 18. Für jede Gemeinde des betroffenen Gebietes 
von Kisch und Nürck der Fall. — Die oben im Text wiedergegebene Darstellung des Enteignungs- 
rechts kann dem Umfange des Werkes entsprechend natur gemäß nur eine gang gedrängte sein. 
Daneben gelten noch eine ganze Reihe von Sonß- Debestimmungen, die zum Teil bereits be- 
handelt find, z. B. über Vestun srayons, im Berges, (§* 33), in den Gesetzen über Vizinalwege, 
über Bauflucht und ungesunde ohnungen über iederbewaldun von Bergen, über die Ent- 
eignung für dringliche ser "äu v. 30. Märg 1881; Art. 75, 96 Ges. v. 1841), ferner 
## "r Kriegergrabstätten (Ges. v. 2. Febr. 1872 8 4) und Ges., betr. die Errichtung von Martsteinen, 
v. . 
Der Versuch der Regierung, eine baiteemaft Neuregelung des Enteignungerechts durchzuführen, 
ist an dem Widerstand “ tandzansschuseg ge Weitert t V. Verhandl. des Landesaussch u-eens 1904 
Vorl. 2. el1u Foertsch in huck. 3. 7 
gl. Möllersche mig I S. 1006 
ber die für die sih Sjelben Laltung geltenden Ausnahmen pdgl. den nächsten 
oregrhe 
L.G. Colmar v. 18. Okt. 1912, Els.-I. 3. 38 S. 343. Für 5 zuthiche Arbeiten nach § 40 a 
A.G. B.G. B. ist dagegen Gemeinnüzigerklärung nicht erforderlich. Els.I. 3. 1911 S. 646; vgl. 
ebenda 1810 S. 584. 
H. für Bezirksstroßeen, aber auch für alle Unternehmungen der . und Gemeinden. 
Val. 2 23. Nov. 190 
10 Fi. Vornahne öffentlicher Arbeiten muß nur dann seitens Privater oder öffentlich-recht- 
licher Verbände geduldet werden, wenn sie durch landesherrliche Verordnung für ge 8 meinnühzig erklärt 
fi Fehlt es an dem letzteren Erfordernis, so können die ordentlichen Gerichte von dem 
Beschwerten gegen den unbefugten sen Einhoi der Verwaltungsbehörde angerufen werden. O.L.G. Colmar 
v. 19. Febr. 1907, Elf.-I. Z. 33 
ffentliches Gut kann nur dann im Enteignungswege zu dem Unternehmen herangezogen 
werden, wenn es uor in privates Gut umgewandelt worden ist. 
12 Ver. v. 18. Febr. 1834 und betreffs der Gemeindearbeiten v. 23. Aug. 1835. 
  
 
	        
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