382 Fünfter Teil. Das Staatskirchenrecht. 8 85
äußerungen, Aufnahme von Darlehen, Kapitalanlagen, Löschung von Hyphotheken,
Führung von Rechtsstreitigkeiten, Vergleiche usw. von staatlicher Genehmigung abhängig
machen. Die einschlägigen Bestimmungen haben ihre Stütze namentlich in der nach
den Grundsätzen des französischen Verwaltungsrechts zulässigen Spezialität der
juristischen Persönlichkeit, das heißt der auf einen bestimmten Zweck oder auf
bestimmte Zwecke beschränkten juristischen Persönlichkeit 31.
2. Zur Sicherung der staatlichen Aufsicht ist durch Verordnung vom 14. Januar
1831 bestimmt, daß Notare eine Urkunde über die in Frage kommenden Rechtsgeschäfte
nicht errichten dürfen, bevor die staatliche Ermächtigung vorliegt.
Hinsichtlich der Ermächtigung zur Annahme eines Vermächtnisses besteht noch
die besondere Vorschrift, daß die bekannten Erben aufgefordert werden müssen, vom
Testament Einsicht zu nehmen und entweder ihre Zustimmung zu erklären oder ihren
Widerspruch geltend zu machen. Wenn die Erben nicht bekannt sind, muß eine öffent-
1810 Art. 1 f.; Dekret, betr. die Güter der Geistlichen, v. 6. Nov. 1813; Gesetz über Schenkungen
und Vermächtnisse für kirchliche Anstalten v. 2. Jan. 1817; Ordonn., betr. die Annahme und Ver-
wendung von Schenkungen und Vermächtnissen, v. 2. April 1817; Gesetz, betr. die Frauengenossen-
schaften, v. 24. Mai 1825; Dekret, betr. die Frauengenossenschaften, v. 31. Jan. 1852. B. Pro-
testantischer Kultus: Gesetz, betr. die Kultusverfassung, v. 18. germ. X; Gesetz, betr. das
protestantische Bekenntnis, v. 26. März 1852; Dekret, betr. die Güter der Geistlichen, v. 6. Nov.
1813; Gesetz über die Schenkungen und Vermächtnisse für kirchliche Anstalten v. 2. Jan. 1817;
Order, betr. die Annahme und Verwendung von Schenkungen, v. 6. April 1817. (. Israeli-
tischer Kultus: Dekret. betr. Vollziehung einer Verordnung, v. 10. Dez. 1806, bezüglich der Juden
v. 17. März 1808; Dekret, betr. Maßregeln zur Aueführung der Verordnung v. 10. Dez. 1806 be-
züglich der Juden, v. 17. März 1808; Ordonn., enthaltend Vorschriften bezüglich der Verf. fstoelitischen
Kultus, v. 25. Mai 1844.
31 Für dieselbe ergeben sich allerdings bestimmte gesetzliche Anhaltspunkte nicht, weshalb auch
ihre rechtliche Zulässigkeit bezweifelt worden ist (vgl. Baudry-Lacantinerie, Des personnes,
1 Nr. 302; Aubry et Rau 1 S. 191: R. G. E. 49 S. 295).
In einer Min.Verf. an die Bezirkspräsidenten v. 15. Juli 1904 ist zum Ausdruck gebracht,
daß gemäß Art. 86 E.G. B.G.B. eine Genehmigung zur Annahme von Schenkungen und Vermächt-
nissen für juristische Personen des öffentlichen Rechts allgemein dann nicht erforderlich ist, wenn die
Zuwendung den Wert von 5000 Mk. nicht überschreitet, einerlei, ob ch an die Zuwendung Auf-
lagen, Lasten oder Bedingungen knüpfen, oder ob sie ohne solche Vorbehalte gemacht sind, da der
Art. 86 E.G. B. G.B. die Erwerbsbeschränkungen bis zu der erwähnten Grenze beseitigt hat, ohne
zwischen der vormundschaftlichen und der polizeilichen Seite des Aufsichtsrechts zu unterscheiden. Nur
in den Fällen, wo eine juristische Person des öffentlichen Rechts Zuwendungen zu anderen
als ihren gesetzlich bestimmten oder bisher Henehmt ten Zwecken erhält, wird die
Aufsichtsbehörde auch bei Zuwendungen unter 5000 Mk. eingresen können, da der Grundsatz des
öffentlichen Rechts, daß öffentliche Anstalten und die ihnen in dieser Beziehung gleichstehenden
gemeinnützigen Anstalten Rechtspersönlichkeit nur für die ihnen zugewiesenen Aufgaben besiten, nach
wie vor in Kraft steht. Von einer zivilrechtlichen Rechtsungültigkeit eines entgegen diesen Be-
stimmungen gemachten Erwerbs kann natürlich nicht die Rede sein.
Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören auch die staatlich anerkannten
Genossenschaften: Zuwendungen von Todes wegen, die den Wert von 5000 Mk. übersteigen, und die
Frauenkongregationen unter Universaltitel gemacht werden, sind auf Grund des Ges. v. 24. Mai
1825 (Art. 1) auf alle Fälle verboten und können die staatliche Genehmigung nicht erhalten; bis zum
Werte von 5000 Mk. sind sie erlaubt und bedürfen iner staatlichen Grnehmigung.
Die Verwendung des Vermögens kirchlicher unstalten zu anderen als kirchlichen Zwecken,
z. B. zur Gründung einer Nähschule, ist aesetzlich unzulässig; ebenso der Erwerb von Vermögen, das
kirchlichen Zwecken entfremdet und zur Bestreitung der Kosten eines Jünglingsvereins dienen soll.
In Fällen dieser Art wird vielfach die Form der fiduziarischen Stiftung oder des fiduziarischen
Vermächtnisses zugrunde liegen.
Einzelfälle: Die Hypothekenlöschungsbewilligung einer zur Gemeinschaft einer Kirchenfabrik
eingetragenen Hypothek bedarf der staatlichen Genehmigung, da dieser Akt einer Veräußerung gleich
zu erachten ist; ebenso die Umschreibung einer Namenerente in eine Inhaberrente.
Zu jeder Kapitalanlage, auch einer solchen in Staatsrenten, bedarf die kirchliche Anstalt
der mttatli een Ermächtigung. Zur Erteilung der Ermächtigung ist auf Grund des § 1 Ver. v.
5. Mai 1873 und § 3 Ges. v. 4. Juli 1879 im allaemeinen das Ministerium zuständig. Der
).
Bezirkspräsident ist nur dann zuständig, wenn es sich um die vorläufige Anlegung geringsügiger
Summen oder um die Anlegung zurückgezahlter Kapitalien in Staatsrenten handelt (Art. 63
Fabrikdekr. v. 30. Dez. 1809 und Art. 4 2 Dezentr Dekr. v. 13. April 1861). Vgl. die Verf.
des Oberstaatsanwalts v. 17. Juli 1882 (Just Smlg. 7 S. 232). In der Praxis kümmern sich die
kirchlichen Anstalten vielfach nicht um diese Bestimmungen, zumal wenn es fich um die Anlage in
mündelsicheren Papieren handelt.