24 Zweiter Teil. Die Verfassung Elsaß-Lothringens und die Behördenorganisation. 87
einen Bundesstaat (als solcher gilt im Sinne des Gesetzes auch Elsaß-Lothringen) darf
erst erfolgen, nachdem durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß keiner der
übrigen Bundesstaaten Bedenken dagegen erhoben hat. Über etwaige Bedenken (Ge-
fährdung des Wohles des Reichs oder eines Bundesstaats) entscheidet der Bundesrat.
Besonders gilt für die Einbürgerung ehemaliger Deutscher sowie ihrer Kinder
und Enkel sowie derjenigen Ausländer, die im Deutschen Reich geboren sind, wenn sie
sich in dem Bundesstaat, bei dem der Antrag gestellt wird, bis zur Vollendung des
21. Lebensjahres dauernd aufgehalten haben und die Einbürgerung innerhalb zweier
Jahre nach diesem Zcitpunkt beantragen (§ 9).
Weiterhin müssen auf ihren Antrag eingebürgert werden: die Witwe oder ge-
schiedene Ehefrau eines Ausländers, die zur Zeit ihrer Eheschließung Deutsche war;
ferner ein ehemaliger Deutscher, der als Minderjähriger die Reichsangehörigkeit durch
Entlassung verloren hat; ein Ausländer, der mindestens ein Jahr wie ein Deutscher
im Heere oder in der Marine aktiv gedient hat unter den näheren Voraussetzungen
der §§ 10, 11 und 12; schließlich kann ein ehemaliger Deutscher, der sich nicht im
Inland niedergelassen hat, auf Antrag von dem Bundesstaat, dem er früher angehört
hat, nach Maßgabe der näheren Bestimmungen des § 13 eingebürgert werden.
J) Durch Anstellung in einem öffentlichen Dienstzweig, sofern nicht in der Bestallung
ein entgegenstehender Vorbehalt gemacht wird (§ 14); dauernde Berufung in ein Amtz ist
nicht erforderlich. Es muß sich um eine Anstellung im unmittelbaren oder mittelbaren
Staats= oder im Kirchen-, Schul= oder Kommunaldienst handeln 168. Die Anstellung muß
in Elsaß-Lothringen vom Kaiser, vom Statthalter, Ministerium oder einer höheren Ver-
waltungsbehörde vollzogen oder bestätigt werden 15. Die Bestallung ersetzt die Aufnahme-
oder Naturalisationsurkunde; sie bedarf daher notwendig schriftlicher Form v0.
B. Der Verlust der Reichs= bzw. Staatsangehörigkeit erfolgt:
1. aus familienrechtlichen Gründen: a) durch Heirat einer Deutschen mit
dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats oder einem Ausländer (§ 13 Z. 5). Durch
Heirat mit einem heimatlosen Mann tritt der Verlust der Reichs= bzw. Staats-
angehörigkeit nicht ein. Die Scheidung der Ehe beeinflußt die Staatsangehörigkeit der
Frau nicht; b) bei unehelichen Kindern durch Legitimation seitens eines aus-
ländischen Vaters (§ 13 Ziff. 4);
2. infolge Entlassung. Auch die Entlassung ist ein zweiseitiges, die Willens-
übereinstimmung der beiden Parteien erforderndes Rechtsgeschäft, welches zu seiner
Perfektion der Schriftform, der Ausfertigung und Zustelluug einer Urkunde seitens der
höheren Verwaltungsbehörde des Heimatstaates bedarf (§ 17 Ziff. 1, §§& 18—24) 21.
Die Entlassung erfolgt durch den Bezirkspräsidenten. Sie erstreckt sich auch auf die
Ehefrau und die ehelichen Kinder, falls nicht ein ausdrücklicher Vorbehalt ausgenommen
18 Unter mittelbarem Staatsdienst ist auch das Amt als Rechtsanwalt oder Notar zu ver-
stehen. Leoni S. 23. Die Frage, ob als Staatsdienst auch der Offizierdienst anzusehen sei, ist
durch das Gesetz (§ 14 Abs. 2) nunmehr im negativen Sinne entschieden.
59 3 den letztgenannten Febüren alle diesenigen Behörden, die zu Anstellungen in ihrem
Ressort besugt find, z. B. die Vorstände des Oberlandesgerichts, der Kurator der Universität.
Leoni S. 24.
70 Ven der Besonderheiten für luxemburgische Staatsangehörige vgl. Leoni S. 24 Anm. 3
und Bruck 1 S. 55 N. 6.
Werden Ausländer im Reichsdienst angestellt, so erwerben sie die Stgatsangehörigkeit des
Staates, in welchem sie ihren ersten dienstlichen Wohnsitz haben; eine spätere Anderung des Wohn-
sitzes bewirkt keine Anderung der Staats-(Landes-angehörigkeit mehr. Liegt der Wohnüih im Aus-
land, so bleiben sie Ausländer; es kann ihnen jedoch, wenn sie ein Diensteinkommen aus der Reichs-
kasse beziehen, die Naturalisation in keinem deutschen Bundesstaat oder in E.-L. verweigert werden
(Reichsgesetz v. 20. Dez. 1875, R.G. Bl. S. 324); sind sie in den Kolonien angestellt, so kann ihnen
die Naturalisation vom Reichskanzler erteilt werden.
Für Reichsinländer begründet die Anstellung im Reichsdienst selbstverständlich keine Anderung
der Staatsangehörigkeit. Leoui S. 24.
Auch in Beziehung auf die Endgültigkeit entspricht die Entlassung der Verleihung. Die
Gerichte können durch ihren Ausspruch nichts daran ändern. Els.-lothr. Jur.-Z. 19 S. 157.