Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 86 Die Verfassung der römisch--katholischen Kirche. 385 
  
ist die Ernennung des Art. 32, 63 Kais. Dekret vom 6. November 1813 erwähnten 
Sekretärs des Bistums und der sonstigen Beamten dem Bischof allein ohne staatliche 
Mitwirkung übertragen 1. 
III. Die Pfarrgeistlichen. 1. Die Pfarrer (curés) werden vom Bischof 
ernannt und durch landesherrliche Verordnung (des Statthalters) bestätigt 16. Die 
Versetzung, Suspension und Absetzung sämtlicher Pfarrgeistlichen — mag es sich um 
eine bloße Verwaltungsmaßregel oder um eine disziplinare Maßnahme handeln — ist 
Sache der kirchlichen Behörden. Die Pfarrer (curés) sind unabsetzbar; die im 
kirchlichen Disziplinarverfahren ausgesprochene Absetzung derselben bedarf der landes- 
herrlichen Genehmigung 16. 
Im übrigen hat es der Staat der Kirche überlassen, die Gründe der amotio 
ab ofticio et beneficio zu bestimmen. 2. Die Hilfsgeistlichen (desservants). 
Während das Konkordat nur von Pfarreien spricht, sehen die organischen Artikel 
neben denselben noch nach Maßgabe des Bedürfnisses zu errichtende Succursalen vor 
(Art. 60), die von Hilfspfarrern, das heißt außerhalb des Pfarrsitzes residierenden 
Vikaren versehen werden. Ihre Stellung ist aber im Laufe der Zeit eine selbständigere 
geworden, und sie unterscheiden sich von den Pfarrern jetzt nur noch dadurch, daß sie 
absetzbar fsind und ein geringeres Gehalt beziehen. 3. Die Pfarrverweser, 
Kapläne und Vikare werden vom Bischof ernannt und entlassen ohne Mitwirkung 
der Staatsgewalt 17. 
IV. Uber die Vorbildung und die Bedingungen zur Anstellung 
katholischer Geistlicher bestehen nahezu gar keine Bestimmungen. 1. Für Bischöfe ist 
ein Alter von 30 Jahren, die Eigenschaft als Inländer und die Ablegung des staat- 
lichen Treueides erforderlich. Bezüglich aller übrigen Geistlichen hat der Bischof das 
Bestimmungsrecht; Ausländer dürfen nur mit Genehmigung der Regierung angestellt 
werden 18. Der Artikel 11 des Konkordats in Verbindung mit Artikel 11 und 23 der 
organischen Bestimmungen gestattet den Bischöfen, für ihre Diözesen ein Seminar zu 
errichten; ob dieses Seminar sowohl das Priesterseminar wie das Knabenseminar umfaßt, 
ist zweifelhaft; jedenfalls bestehen für beide Arten besondere Vorschriften. a) Nach 
Art. 3 des Kaiserlichen Dekrets vom 17. März 180815 ist die Ernennung der Vorsteher 
und Professoren der Priesterseminare dem Bischof überlassen. b) Die bischöflichen 
Knabenseminare sind humanistische Anstalten, welche die jungen Leute zur Auf- 
nahme in das Priesterseminar vorbilden sollen 20. 
15 Art. 10 Konk., Art. 19 org. Art. Man hat in der Bestimmung der organ. Art. eine 
Ausdehnung der Bestimmung des Konkordats finden wollen, indem letzteres nicht die Genehmigung 
der Ernennung, sondern die Ernennung einer der Regierung genehmen Person statuiere Cromp- 
sault, dict. rais. de droit etc., 2. éd. 1 S. 1252). Diese Auffassung wird aber widerlegt durch 
den latein. Text des Konkordats (nec personas seligent nisi gubernio acceptas). — Das elf.l. 
Staatskirchenrecht kennt weder die (lothr.) Erzpriester, die nichts weiter als Kantonalpfarrer find, 
noch die Ehrendomherren; in beiden Fällen handelt es sich nur um kirchliche Titulaturen, ohne daß 
ihnen ein Beamtenverhältnis zugrunde läge. 16 Vuillefroy S. 225f. 
1½ Das elf.-l. Staatskirchenrecht enthält demgemäß keine disziplinarrechtlichen Bestimmungen 
bezüglich der kath. Geistlichen, und zwar weder Vorschriften über die Disziplinarstrafen noch über 
das Disziplinarverfahren. Es ist vielmehr in beiden Beziehungen, abweichend vom protestant. und 
israel. Kultus, allein das kanonische Recht maßgebend. 
Ein päpfstliches Dekret v. 20. Aug. 1910 de amotione administrativa ab officio et bene- 
lticio curato hat bestimmt, daß der Bischof in Fällen, in denen die Einleitung des kanonischen 
Strafverfahrens nicht in Frage kommen kann, die Entfernung des Pfarrers aus seinem Posten aber 
im kirchlichen Interesse notwendig erscheint (z. B. insania, surditas, Caecitas, odium plebis etc.), 
diese Entfernung durch eine Verwaltungsmaßnahme verfügen kann. Durch diese Vorschrift ist das 
els. l. Staatskirchenrecht natürlich nicht berührt worden. 
18 Vgl. Art. 1 Kais. Dekr. v. 17. Nov. 1811, Art. 1 Kgl. Ord. v. 10. Nov. 1814 (Champ. 
II S. 472; Her. II S. 529) u. Art. 2 Kgl. Ord. v. 3. März 1825 (Champ. S. 498y. Bezügllich 
der Vikare vgl. Art. 31 ergan. Best., Art. 3 Kgl. Ord. v. 25. Aug. 1819 (Champ. S. 489). 
Hinschius, Syst., Bd. II S. 38f.; Stutz, Der neueste Stand des Bischofwahlrechts, 1909, S. 37 f. 
is Vgl. hierzu Ge iel in Arch. f. kath. Kirchenrecht 1896, Heft 6. 
Härm. II S. 390. Die gesetzlichen Bestimmungen über die d chandlung der Knabenseminare 
haben viel ach gewechhselt. Das Kais. Dekr. v. 15. Nod 1811 Tit. IV -*!n erm. II S. 525) stellte sie unter 
die Leitung der obersten staatlichen Unterrichtsbehörde, der Univerfität, welche die Lehrer ernannte 
Fischbach, Elsaß-Lotbringen. 25
	        
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