390 Fünfter Teil. Das Slaatskirchenrecht. 8 87
1. Als unterste Stufe gilt auch hier die Pfarrei, für die die gleichen Grund-
sätze gelten wie für die Kirche Augsburger Konfession. Der Kirchen-(Presbyterial)=
— schlägt aber bei der reformierten Kirche die Kandidaten für die erledigten Pfarr-
tellen vor.
2. Kein Verwaltungsakt des Presbyterialrats ist gültig ohne die Zustimmung
des Konsistoriums. Das Konsistorium wählt seinen Präsidenten, Schriftführer
und außerdem noch einen Schaffner (trésorier). Im Gegensatz zu der Kirche Augs-
burger Konfession, in welcher sich über den Konsistorien als oberste Verwaltungs-
behörde das Direktorium und als oberste beratende Körperschaft das Oberkonsistorium
erhebt, hat jedes reformierte Konsistorium für seinen Bezirk die volle Kirchengewalt
höchster Ordnung; es ernennt insbesondere die Pfarrer, vorbehaltlich der staatlichen
Genehmigung.
8. ber den Konsistorien steht die Landessyn ode, die, unbeschadet der Befugnisse
der Konsistorien, über die allgemeinen Angelegenheiten der Kirche zu beraten und zu
beschließen hat.
IV. Als Pfarrer in beiden Kirchen dürfen nur Reichsangehörigert,
angestellt werden, welche ihre Befähigung zum Pfarramt durch Ablegung zweier
Prüfungen nachgewiesen haben. Die erste Prüfung, pro licentia concionandi, kann
nach einem vierjährigen theologischen Studium, die zweite, pro ministerio, nach einem
mindestens einjährigen praktischen Kirchendienst als Vikar abgelegt werden. Die
Ordination soll in der Regel nicht vor dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr erfolgen s.
Die Ernennung der Pfarrer der Kirche Augsburger Konfession erfolgt durch das
Direktorium mit Bestätigung des Statthalters, die der Pfarrer der reformierten Kirche
durch das Konsistorium, ebenfalls mit Bestätigung des Statthalters; in der gleichen
Weise erfolgt die Pensionierung bzw. die Absetzung "#. Die Zahl der Pfarrer bei jeder
Pfarrei wird durch die Regierung festgesetzt. Hilfspfarrer und Vikare werden in der
Kirche Augsburger Konfession von dem Direktorium, in der reformierten Kirche von
den Kirchenräten mit Genehmigung der Konsistorien ernannt 25. Das Gehalt empfangen
die Pfarrer aus der Landeskasse 26. Was die Pension des Pfarrers sowie der Witwen
und Waisen anlangt, so finden analoge Grundsätze wie für Beamte Anwendung
(§§ 10, 11 ebenda). Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt durch die zuständige
kirchliche Oberbehörde mit Genehmigung des Statthalters bzw. des Ministeriums.
V. Kirchliche Anstalten. Thomasstift.
1. Das Kollegiatstift St. Thomas, welches bereits 1552 mit kaiserlicher Ge-
nehmigung sein Vermögen der Vorbereitung und Ausbildung protestantischer Geistlichen
gewidmet hatte, wurde 1566 durch Kaiserlichen Erlaß zu einer Akademie umgewandelt,
die seit 1621 die Bezeichnung „Universität“ erhielt. Das Konsulardekret vom 30. Flor.
XI führte wieder die Bezeichnung „Akademie“ und das Dekret vom 17. März 1808
diejenige als „protestantisches Seminar“ ein 7. Die zu letzterem gehörigen Professoren
verwalteten an Stelle des Stadtmagistrats die Unterrichtsstiftungen. An die Stelle
des „protestantischen Seminars“ trat durch Gesetz vom 29. November 1873 das
*1 Art. 1 Ges. v. 18 Germ. X. Vgl. Ver. v. 30. Mai 1911, betr. Abänd. d. Regul. v.
S. lisn über Eieu Anstellung im Pfarramt der Kirche A. K. u. d. reform. Kirche, Centr. Bl. 1911
mlg. 32
8 Regul. v. 29. 2 1887; Ministerialverordn. 29. Aug. 1892 (Centr. Bl. S. 357). „Mitariats
und Ordinatlonsordn. v. 17. Mai' 1688. Vgl. Stübel, Prot. Kirchenrecht, 1898, S. 23f.
2 Art. 1 Dekr. v. 2. März 1807.
:4 Ges. v. 18. Germ. X KI 25, 26, 34: Dekr. v. 26. März 1852 Art. 5, 11. Ver. v. 23. Nov.
1907 (R G. Bl. S. 759). Ges. v. 6. Juli 1901 (G. Bl. S. 50) § 3 II. Kais. Ver. v. 16. Mörz 1910,
betr. die Berechnung des Lefoldungsewenstal#er und der Penfionsdienstzeit der Religionsdiener (G. Bi.
1910 S 11). Ausshhrungsbest d Min. v. 19. Mrg! 1910 zu dem Gersetz, betr. die Gehalts= und
Penfionsverhältnisse der staatlich besoldeten Religions i
1909 (Cente. Bl. 1910 S. 94; Smig. 32 S. 82)
10 Dekr. v. 26. März 1552 M K. 11 Aos. 2) nussthrungsverorh. v. 20. Mai 1858 Art. 1 Abf. 5.
ꝛe Ges. v 15. Nov. 1909 (G. Bl. S. 126) F 5
K. u Sal Var#rewtrapp in Z. f. Gesch. d. J—1— Bd. 18 (1898) und Geigel, Neichsl.
en#er und ihrer Hinterbliebenen v. 15. Nov.