Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

396 Fünfter Teil. Das Staatskirchenrecht. § 9V0 
  
und Reichsangehörigkeit. Die Ernennung erfolgt durch das Bezirkskonsistorium 
mit ministerieller Genehmigung 25. Die Oberrabbiner werden von dem betreffenden 
Konsistorium ernannt und durch landesherrliche Verordnung des Statthalters bestätigt. 
Die Vorsänger (Unterrabbiner) müssen Deutsche und fünfundzwanzig Jahre alt sein 
sowie ein Zeugnis des Oberrabbiners über ausreichende religiöse Kenntnisse vorweisen 
können 26. 
Nach den bestehenden Bestimmungen hat das Konsistorium darüber zu entscheiden, 
ob gegen einen Rabbiner, dem eine Pflichtverletzung zur Last gelegt wird, im Disziplinar= 
verfahren vorzugehen ist?7. 
Auf die Gehaltsverhältnisse der israelitischen Religionsdiener findet das Gesetz 
vom 15. November 1911 (§8§8 6, 8) Anwendung. 
VII. Separatistische Bestrebungen. Die landesherrliche Ermächtigung 
zur Eröffnung eines besonderen israelitischen Betsaales als einer anerkannten Kultusstätte 
kann gemäß Art. 4 des durch Dekret vom 17. März 1808 eingeführten Reglements über 
die Organisation des israelitischen Kultus vom 10. Dezember 1806, Art. 63 Ord. 
vom 25. Mai 1844 nur mit Zustimmung des Bezirkskonsistoriums beantragt werden. 
Dagegen besteht kein gesetzliches Hindernis zur Erteilung einer polizeilichen, gemäß 
Art. 1 (fin) des Gesetzes vom 10. April 1834 (Vereinsgesetz) stets widerruflichen 
Zulassung eines Vereins von Israeliten, welche zu religiösen Zwecken an einem be- 
stimmten Orte regelmäßig zusammenkommen, insbesondere dann nicht, wenn dieselben 
im übrigen ihren Zusammenhang mit dem anerkannten Kultus und der bestehenden 
Organisation beibehalten wollen. 
Dritter Abschnitt. 
§ 90. Die Friedhöfe. I. Die Friedhöfe werden regelmäßig von den Ge- 
meinden gestellt und bilden alsdann einen Teil des öffentlichen Eigentums der Zivil- 
gemeinde 1. Es bezieht sich dieser Grundsatz indessen nur auf die anerkannten 
Kulte; den Anhängern von nicht anerkannten Kulten wird man gestatten müssen, sich 
einen besonderen Friedhof auf ihre eigenen Kosten anzulegen 2. 
1. Weiter gehen noch die Rechte der Israeliten in Begräbnisfragen. Sie 
sind von den Bestimmungen der Art. 22, 24 Dekret vom 23. Prair. XII durch ein 
besonderes Kaiserliches Dekret vom 10. Februar 1806 ausdrücklich befreit worden. 
Danach ist den Israeliten gestattet, besondere Friedhöfe zu behalten oder auf eigene 
Kosten anzulegen, welche nicht zum Gemeindeeigentum gehören 3. Diese Entwicklung 
15 Art. 48 Ord. v. 25. Mai 1844 u. Dekr. v. 9. Juli 1858 Art. 2. 
26 Dekr. v. 29. Aug. 1852 Art. 1, 2. Bezüglich der Besetzung der Vorsängerstellen wird in 
den Bezirken nach verschiedenen Grundsätzen verfahren. Im Ober-Elsaß ist die Wahl durch die 
Notabelnversammlung in Übung, während im Unter-Elsaß die Ernennung durch das Konfistorium 
erfolgt. Das letztere Verfahren ist das richtige. Vgl. Art. 51 Abs. 1 Ord. v. 25. Mai 1844; 
Art. 2, 3 Dekr. v. 9. Juli 1853. Geigel S. 468 A. 10. Z 
:7 Nähere Verfahrensvorschriften existieren nicht. Nach Abschluß der Ermittlungen hat das 
Konfistorium zu entscheiden, ob es dem Beschuldigten einen Verweis erteilen oder ob es bei 
dem Bezirkspräfidenten die zeitweilige Enthebung vom Dienst oder die Absetzung beantragen will. 
Art. 12 Abs. 5, 67, Ord. v. 25. Mai 1844 in Verbindung mit Verf. Oberpr. v. 22. Juli 1872. 
Nur für den Fall, daß der Bezirkspräsid nt die Absetzung aus'pricht, hat das Ministerium mitzuwirken, 
und zwar insofern, als die Absetzung der Bestätigung durch dasselbe bedarf. Die Gehaltssperre könnte 
— ihre Zulässigkeit vorausgesetzt — nur vom Ministerium ausgesprochen werden. 
18 901 1 Art. 7, 9 Dekr. v. 28. Prair. XII; vgl. Molitor-Stieve S. 186 Nr. 7. Die im 
Privateigentum stehenden Frieh öfe gehören natürlich nicht zum öffentlichen Eigentum. Kirchen- 
fabriken können nach der Recht prechung des fran Hiischen Staatsrats in keinem Falle Eigentümer 
von Begräbnisstätten sein (QOalloz, Rép. culte Nr. 783: Vuillefroy, Admin. du culte cath., 
S. 5000. Da sie Korporationsrechte nur für bestimmte Kultuszwecke und in deren Grenzen besitzen, 
wird ihnen sogar die Fähigkeit abgesprochen, Grundstücke zur Anlage von Friedhöfen 8 erwerben 
Béquet. De la personnalité eivile des diöcèses, fabriques et consistoires, S. 73). · 
2 Vgl. hierzu die Entscheidung des Min. des Innern aus dem Jahre 1857 (Bull. du min. 
de TInt. 1857 S. 220; auch bei Dufour, Droit admin., VII S. 644, und auszugsweise bei 
Dursy II S. 595 in der dort mitgeteilten Min. Entsch. v. 1861). 
* So in Paris (Oalloz, Reép. Nr. 795), Straßburg und anderen Orten E.»L.s.
	        
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