402 Sechster Teil. Die Finanzverwaltung. 8 93
schäfte, die von Landesbehörden abgeschlossen werden, für den Landesfiskus verbindlich 5.
Zum Reichsfiskus gehören daher außer allen unmittelbaren Reichsverwaltungen zum
Beispiel der Reichseisenbahnfiskus, der Militärfiskus 5, während der Zoll= und Steuer-
fiskus Landesfiskus ist, und ebenso der vermögensrechtliche Verkehr der Landesversicherungs-
anstalt, abgesehen von den Reichszuschüssen, mit dem Reichsfiskus nichts gemein hat.
Wenn man nun auch, wie vorstehend, ganz allgemein von Spezialfisken redet, so ist
doch zu beachten, daß der Landesfiskus ein einheitlicher ist, und daß man nur aus
Zweckmäßigkeitserwägungen von verschiedenen Stationes fisci spricht.
III. Organisation. Die Vertretung des Landesfiskus steht grundsätzlich dem
Ministerium zu, das aber von der ihm durch Verordnung vom 6. Februar 1900
(G. Bl. S. 47) und durch § 1 Abs. 2 A.G. C.P.O. vom 10. November 1899 über-
tragenen Befugnis Gebrauch gemacht und für die Vertretung, insbesondere diejenige
vor Gerichts, gewisse Behörden für zuständig erklärt hat 2. Über die Notwendigkeit
der Einreichung einer Denkschrift bei Klagen gegen den Fiskus ist bereits an anderer
Stelle (S. 79) gehandelt worden.
IV. Während nach französischem Verwaltungsrecht für die den Fiskus betreffenden
Rechtsverhältnisse besondere Bestimmungen gelten 10, ist nach dem gegenwärtigen Rechts-
zustand der Fiskus in privatrechtlicher Beziehung grundsätzlich den Privatpersonen
gleichgestellt. Immerhin genießt er auch hier wie im öffentlich-rechtlichen Verkehr eine
ganze Reihe von Vorrechten (Privilegia fisci); dieselben sind teils prozeßrechtlicher,
teils privatrechtlicher und teils steuerrechtlicher Natur 11. Zur erstgenannten Gruppe
gehören: die Befreiung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Gerichte 4, die
Vorrangstellung fiskalischer Forderungen im Konkurse 1, das Verbot der Zwangs-
vollstreckung gegen den Fiskus wegen Geldforderungen, soweit nicht dingliche Rechte in
Frage kommen 1, das Verbot der Eröffnung des Konkursverfahrens über den Fiskus 1.
Zur zweiten Gruppe gehören, die Befreiung der Grundstücke des Fiskus vom Buchungs-
hand u. Laband a. a. O. Es können natürlich auch Landesbehörden in Vertretung des Reiches
handeln
* Der Militärfiskus wird durch das preußische Kriegsministerium und dieses durch die einzelnen
örtlich zuständigen Korpsintendanturen vertreten. R.G. v. 6. Dez. 1898, Reger, E. 20 S. 240,
Uund v. 5. März 1901. Elfs.-I. Z. 26 S. 476, und v. O. L. G. Colmar v. 7. Dez. 1904, eod. 30 S. 376.
Über die Haftung des Reichsmilitärfiskus für Amtshandlungen seiner Beamten O.L.G. Colmar v.
22. Mai 1903, Elf.-I. Z. 1904 S.
7 Oder der vom m— bauftra atten. Behörde. Ord. v. 4. Dez. 1836. Für die nach-
trägliche Abänderung von Verträgen, die das Minislerium geschlossen hat, bedarf es einer kaiserlichen,
vom Statthalter auszufertigenden Verordnung. Ver- v. 23. Nov. 1907 (N.G. Bl. S. 759) Ziff. 2.
Vgl. auch Min, Verf. v. 22. Dez. 1899 (Centr. Bl. S. 430), betr. die öffentliche Versteigerung von
Grundstücken des Staates. In gewissen Gällen sind die Birtsprösidenten kraft Gesetzes beauftragt:
Dezentr.Dekr. v. 13. April 1861, Tab. C Nr. 2, 3, 5, 6, 9 Tab. D Nr. 13, 15 usw.
* Die Vertretung des Fiskus bei Klagen von 305, Wn,l, Ker wegen vermögensrechtlicher An-
Trüche übernimmt die Anstellungsbehörde und bei Klage von Landesbeamten gegen einen Defekten-
eschluß diejenige Wehörde, die den fraglichen Fiben u#s bhg #at 36# 1 Ibs. A.G. C.P.O.; Be-
amtengesetz §#§ 151, 153; K. Ver. v. 22. Dez. 1
"Danach vertritt den Landesfiskus für 16 Gnith . zuo der betreffende
Bezirkspräsident, für die Zölle und indirekten Steuern, die direkten und die Verkehresteuern der be-
treffende Direktor bzw. Präsident, Hir die Staatsdepositenverwaltung und die Tabakmanufaktur deren
Vorstand bzw. Vorsitzender. Vgl. hierzu Michaslis, Landesrechtliche Zivilprozeßnormen, 2. Aufl.,
S. 203. Die hiernach zur Vertretung befugten Direktoren usw. können die Vertretun ihrerseits
zicht. weiter auf Kinen ihnen unterstellten Beamten übertragen. O.L.G. Colmar v. 2. Han 1906,
2
er Mangel der Einreichung der Denk crift in Prozessen gegen den Landesfiskus ist
nicht von Amts wegen zu berücksichtigen. O. L G. Colmar v. 22. Nov. 1910, Els.-L. Z. 37 S. 74.
vgl. wegen der Form der Denbchrist O. L.G. Colmar v. 22. Juni 1911, ebenda S. 1.
1° Die vom Fiskus abgeschlossenen Verträge privatre tlichen Inhalis werden als öffentlich-
rechtliche Verträge, aufgefaßt. Vgl. Dufour V S. 124; O. Mayer, Franz. V. R., S. 290 f.
Leoni-Mandel S.
11 Laband 2 S. 343. Der Reichsfiskus genießt die gleichen Privilegien wie der Landes-
fiskus; s fo oistedie dies Aus der Natur des Bundesstaates.
; G. K.G. f. E.-L. v. 6. Dez. 1899 6i- öl. S. 175) § 4 Ziff. 1 u.
5 93. S5r iff. 2. G. C. P.O. § 15 Ziff. 4.
is 88 11, 4 Abs. 1 A.G. C. P.O.