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und beträgt 1,90 % derselben, gemäß Tarif. Die Ertragsfähigkeit eines Gewerbes
bemißt sich nach derjenigen Ziffer, welche unter normalen Verhältnissen und bei
normalem Betriebe nach Abzug der auf den Betrieb zu verwendenden Kosten erfahrungs-
gemäß als durchschnittlich verbleibender Jahresertrag angenommen werden kann (§ 6).
Für die Veranlagung der Gewerbesteuer haben die auf Grund des Gesetzes vom
6. Mai 1893, betreffend die Gewerbesteuereinschätzung, ermittelten Schätzungsergebnisse
als Grundlage zu dienen (§ 13). Die fraglichen Ergebnisse werden alljährlich ergänzt
und berichtigt (§ 14). Behufs Erhaltung der Vollständigkeit und Genauigkeit der
Verzeichnisse besteht eine Anzeigepflicht aller derjenigen Personen, die ein Gewerbe be-
ginnen wollen; die Anzeige ist dem Bürgermeister der Gemeinde zu erstatten, in welcher
der Betrieb stattfinden soll 7.
IV. Die Veranlagung der Gewerbe geschieht durch besondere Veranlagungs-
kommissionen; für jeden Veranlagungsbezirk wird eine Kreiskommission und für jeden
Verwaltungsbezirk eine Bezirkskommission gebildet (§ 16)8. Die Erhebung der
Gewerbesteuer erfolgt nach den für die direkten Steuern maßgebenden Vorschriften.
Gegen das Ergebnis der Veranlagung steht sowohl dem Steuerpflichtigen als dem
Vorsitzenden der Veranlagungskommission das Rechtsmittel des Einspruchs bei der
Veranlagungskommission zu. Gegen die Entscheidung der letzteren auf den Einspruch
ist sowohl dem Steuerpflichtigen wie dem Vorsitzenden? mit Genehmigung des Direktors
der direkten Steuern binnen einer Ausschlußfrist von einem Monat die Berufung an
die Berufungskommission gegeben.
V. Steuererlaß kann gewährt werden bei Krankheit oder Tod des Inhabers,
Brandunglück oder anderen unvorhergesehenen Ereignissen, durch welche die Ertrags-
fähigkeit des Gewerbes herabgemindert wird 10.
VI. Die Kosten der Steuerveranlagung und Erhebung fallen der Landeskasse
zur Last (§ 57). Den Gemeinden wird ein Betrag von 8% der in den Rollen zum
Ansatz gebrachten Gewerbestener überlassen (§ 38). Zur Deckung der Ausfälle an dem
in den Rollen zum Ansatz gebrachten Steuersoll infolge von Entbürdungen (Frei-
stellungen, Minderungen, Erlassen und dergleichen) sowie zur Deckung der Druckkosten
wird ein Zuschlag von 5 % des Steueransatzes zugunsten der Landeskasse erhoben (§ 39).
§ 102. Die Wandergewerbesteuer 1. I. Die Wandergewerbesteuer wird von
denjenigen Personen erhoben, die außerhalb des Gemeindebezirks, ihres Wohnorts oder
der durch besondere Anordnung der Verwaltungsbehörde dem Gemeindebezirk des
Wohnorts gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerb-
lichen Niederlassung und ohne vorherige Bestellung in eigener Person a) Waren feil-
bieten, b) Warenbestellungen aufsuchen oder Waren bei anderen Personen als bei
Kaufleuten oder an anderen Orten als in offener Verkaufsstelle zum Wiederverkauf
ankaufen, c) gewerbliche Leistungen anbieten, d) Musikaufführungen, Schaustellungen,
theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse
der Kunst oder der Wissenschaft dabei obwaltet, darbieten wollen (§ 1). Steuerpflichtig
sind dagegen nicht diejenigen Personen, die selbstgewonnene Erzeugnisse der Forst= und
Landwirtschaft, Geflügelzucht, Jagd und Fischerei, ferner zu den Gegenständen des
Wochenmarktverkehrs gehörige selbstverfertigte Waren bis zu 15 km Entfernung vom
Wohnort feilbieten. Desgleichen diejenigen, die bei öffentlichen Festen, Truppenzusammen-
ziehungen usw. mit Erlaubnis der Ortspolizeibehörde die von derselben bestimmten
Waren feilbieten (§ 2). Ferner unterliegt der Wandergewerbesteuer nicht der Ge-
werbebetrieb auf Messen, Jahr= und Wochenmärkten (§ 3)2.
! In gleicher Weise ist auch das Aufhören des Gewerbebetriebes anzuzeigen.
s Uber deren Zusammensetzung und Tätigkeit vgl. die §88 17—23.
Erentuell auch der beteiligten Gemeinde. §#§ 28, 29.
10 Das gleiche gilt im Gala der Aufgabe des Geschäfts durch Todesfall oder bei Wegzug aus
Elsaß-Lothringen, ebenso bei Schließung des Geschäfts wegen Konkurses. 3 30.
6 102)1 Gesetz v. S. Juni 1896 (G. Bl. S. 44), Ausf Vorschr. d. Min. v. 25. Mai 1903 (Zentr. Bl. S. 63)
lber die Bestrasung wegen Hinterziehung. O.L.G. Colmar v. 1. März 1904, Elf.-l. Z. Bd. 30 S. 198.
* Für Ausländer gelten besondere Bestimmungen. 6.