8 110 Die Zuwachssteuer. 428
zuständig sein würde, wenn die Anfälle nicht von dieser Steuer befreit wären (Art. 31).
Die Steuer beträgt: a) in den Fällen des Art. 2 Ziff. 1: 1. für Abkömmlinge (a—-c)
1 v. H., 2. für Ehegatten (d) 8 v. H. Ist jedoch der Ehegatte neben Abkömmlingen zur
Erbschaft berufen, so kommt die Steuer nur mit 1 v. H. zur Erhebung, insoweit der
Anfall den gesetzlichen Erbteil von einem Viertel (§ 1931 B. G. B.) nicht übersteigt;
b) in den Fällen des Art. 2 Ziff. 2: a) für Eltern und Voreltern (a, b) 1 v. H.;
3) im übrigen (c, d) 6 v. H. (Art. 4). Befreiungen von der Steuer finden unter
den gleichen Voraussetzungen wie beim Reichserbschaftssteuergesetz (§ 11, 13, 14, 15
mit Modif.) statt (Art. 5), wie überhaupt fast alle Vorschriften des letzteren, zum Beispiel
über die Ermittlung des Wertes der Masse (§§ 16—20), den bedingten Erwerb
(§ 21—25), den Erwerb von Vermögen ohne Nutzung (§§ 26, 27), die Berechnung
der Erbschaftssteuer (§ 31, 32), die Anmeldung des Erwerbs?, die Kosten (§ 53),
den Rechtsweg (§ 57 Abs. 1—3 und Abs. 4 S. 1), auf die Landeserbschaftssteuer
entsprechende Anwendung finden.
V. Der Zuschlag zur Reichserbschaftssteuer (Art. 8) beträgt bei
Schenkungen unter Lebenden neben der Verkehrssteuer 1. bei Anfällen an voll= und
halbbürtige Geschwister sowie an Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern
2 50 v. H. des Wertes des Erwerbs; 2. bei Anfällen an Abkömmlinge zweiten
Grades von Geschwistern 2 v. H. des Wertes des Erwerbs; 3. bei den im § 12 des
R. E. St. G. bezeichneten Anfällen 4 v. H. des Wertes des Erwerbs. Die Erhebung
des Zuschlags erfolgt gleichzeitig mit der Erbschaftssteuer. Ermäßigung der Steuer
im Beschwerdeverfahren (§ 46) oder infolge Ergreifung des Rechtsweges (§ 57) haben
entsprechende Ermäßigung des Zuschlags zur Folge, auch wenn die Rechtsmittel nicht
ausdrücklich auf diesen ausgedehnt worden sind (Art. 9)7.
Wird der gesetzlichen Verpflichtung zur Einreichung der Erbschaftssteueranmeldung
oder Erbschaftssteuererklärung innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht nachgekommen,
so unterliegt der Verpflichtete Geldstrafen 16 oder, falls nur Ordnungswidrigkeiten in
Frage kommen, Ordnungsstrafen (§ 49). Die Geldstrafe besteht in einem Vielfachen
der Erbschaftssteuer und wird auch vom Zuschlage berechnet.
§ 110. Die Zuwachsstener. I. Nach dem Reichszuwachssteuergesetz vom 14. Febr.
1911 (R.G. Bl. S. 3371 wird bei der Veräußerung von Grundstücken eine Steuer vom
Wertzuwachs, das heißt von dem Unterschied zwischen dem Erwerbs= und dem Ver-
äußerungspreise erhoben 2. Beträgt der Veräußerungspreis und im Falle einer Teil-
veräußerung der Wert des Gesamtgrundstückes bei bebauten Grundstücken nicht mehr
als 20 000 Mk., bei unbebauten Grundstücken nicht mehr als 5000 Mk., so bleibt der
7 Die Vorschrift des § 36 Abs. 2, wonach es der Anmeldung nicht bedarf, wenn der Erwerb
auf einer von einem deutschen Gericht oder einem deutschen Notar eröffneten Verfügung von Todes
wegen beruht, findet nur Anwendung, wenn die Eröffnung vor einem els.-l. Gericht oder Notar er-
folgt, und ein els.-I. Gericht als Nachlaßgericht zuständig ist.
s Die in § 57 Abs. 1 Reichserbschaftssteuerges. für die Erhebung der Rückforderungsklage
egen den Fiskus vorgeschriebene sechsmonatliche Frist ist keine Verjährungs-, sondern eine Aus-
ltsiren und daher als soich- durch die rechhzeitig erfolgte Erhebung der Klage mit dauernder
irkung gewahrt. R.G. v. 12. Mai 1911, R.G.E. n. F. 30 S. 270.
" Uber die Verkehrssteuer für gemischte Schenkungen vgl. Art. 10 Ges.
16 Über Konkurrenz mit Betrug vgl. R.G.E. (Str.) 26 S. 48. Über die Frage, ob landes-
gesetzlich eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Erben für die Steuerhinterziehung ihres Erblassers
angeordnet und der Weg des Strafprozesses (namentlich der § 459 Str. P.O.) für die Geltendmachung
diefer Verantwortlichkeit vorgeschrieben werden kann, vgl. R.G.E. (Str.) 45 S. 52.
Über die Zwangsvollstreckung in Erdschaftssteuuerschen vgl. O. L.G. Colmar v. 12. Sept. 1910,
Els.-I. Z. 1912 S. 25, und v. 5. Nov. 1910, ebenda S. 32.
K| 110] 1 Kommentierungen von Zimmermann, 2. A., 1911, und von Cuno in Stengleins Strafr.
ebengesetzen II S. 831 f. Ausführungsgesetz v. 14. Juni 1912 (G. Bl. S. 71).
2 Als Preis gilt der Gesamtbetrag der für das Grundstück in der Abgarenzung der §§ 10, 13
vereinbarten Gegenleistung (& 8). Ist ein Preis nicht vereinbart oder nicht zu ermitteln, so ist der
gemeine Wert (§ 11, Ausf. best. § 22) maßgebend. Derselbe kann in erster Linie aus Verkaufs-
preisen ermittelt werden; fehlt es an wirklich gezahlten Kaufpreisen, so ist nach dem Bertaufsprei
der unter den gewöhnlichen Verhältnissen im Verkehr zu erzielen ist, zu suchen. Vgl. Pr. O. V. G.
v. 28. April 1911, Pr. Verw. Bl. 33 S. 30, § 8 des Gesetzes.