Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

432 Sechster Teil. Die Finanzverwaltung. 8 113 
  
Ein-, Aus= oder Durchfuhrverbote sowie die Vorschriften über Erhebung der Zölle 
und der indirekten Reichs= und Landesabgaben sind die Behörden und Beamten der 
Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern zur vorläufigen Feststellung 
des Sachverhalts im Verwaltungswege zuständig (§ 1). Was die Zuständigkeits- 
grenze gegenüber den gerichtlichen Strafverfolgungsbehörden anlangt ?2, so steht den 
genannten Verwaltungsbehörden bei Zuwiderhandlungen, die nur mit Geldstrafe oder 
mit Einziehung allein oder in Verbindung miteinander bedroht sind, auch die Ent- 
scheidung zu, es sei denn, daß zugleich andere Strafgesetze verletzt sind 3s, wegen deren 
Übertretung die Verfolgung noch eintreten kann, oder daß der Beschuldigte wegen der 
Zuwiderhandlung festgenommen und nicht alsbald wieder freigelassen, sondern dem 
zuständigen Richter vorgeführt worden ist. Die Verwaltungsbehörden sind ferner auch 
denjenigen gegenüber zuständig, welche einen rechtlichen Anspruch auf den der Einziehung 
unterliegenden Gegenstand besitzen (Einziehungsbeteiligte) und, soweit nicht reichsgesetz- 
lich ein anderes bestimmt ist, auch gegenüber denjenigen, die nach Vorschrift der Zoll- 
und Steuergesetze für die dem Täter oder Teilnehmer auferlegten Geldstrafen und 
Untersuchungskosten haften (Vertretungspflichtige, § 2)". Ein Einschreiten der Staats- 
anwaltschaften und der Gerichte wegen der Zuwiderhandlung vor Erlaß des Straf- 
bescheides findet nicht statt, sofern nicht die zuständige Verwaltungsbehörde sich der 
Entscheidung enthält und die Sache zum gerichtlichen Verfahren abgegeben hat. Dies 
gilt jedoch nur insoweit, als die Verwaltungsbehörden die Entscheidungsbefugnis, nicht 
auch dann, wenn sie bloß die Untersuchungsberechtigung haben; letzterenfalls ist die 
sofortige Aufnahme der gerichtlichen Strafverfolgung nicht ausgeschlossen ?v. In § 3 II 
ist eine Pflicht der Amtshilfes gemäß § 161 I St. P.O. der Beamten des Polizei- 
und Sicherheitsdienstes gegenüber den Hauptzoll= und Hauptsteuerämtern, insbesondere 
was die Anzeigepflicht betrifft, vorgesehen. . 
II. Was die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden 
betrifft, so wird die Untersuchung im Verwaltungswege von den Hauptzoll= und Haupt- 
steuerämtern geführt; sie fällen auch die Entscheidung (§ 5). Ortlich zuständig ist 
dasjenige Hauptzoll= oder -steueramt, in dessen Bezirk der Beschuldigte zur Zeit der 
Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz bzw. seinen Aufenthalt hat, ferner das- 
jenige, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Betreffs der Zu- 
stellungen und Ladungen finden die Vorschriften der Prozeßordnung mit der Maßgabe 
  
2 Uber die Stellung der Verwaltungsbehörde gegenüber der Staatsanwaltschaft, insbesondere 
was die Verpflichtung zur Kostentragung anlangt, vgl. O. L.G. Colmar v. 26. März 1895, Elf.-I. 
Z. 21 S. 34; Min. Verf. v. 4. Mai 1895, Justizsmig. 29 S. 250. Die Verwaltungsbehörde ist 
rozessual nicht der Staatsanwalischaft gleichgestellt, mag fie als Nebenklägerin auftreten und als 
— e Rechtsmittel einlegen oder selbständig Anklage erheben. 
»Dadurch, daß sich der Täter eines Zolldelikts freiwillig der von einem Zollamt berechneten 
und ihm bekannt gemachten Strafe unterwirft und dieselbe sofort bezahlt, kann seine gerichtli e 
Verfolgung und Bestrafung nicht ausgeschlossen werden. R.G. v. 21. Dez. 1894, R.G.E. (Str.) 26 S. 319. 
4 Das Zwangsverfahren, welches auf Grund der nach Maßgabe der 38 5, 7 A.G. C. P.O. 
v. 13. Nov. 1899 gerichtlich für vollstreckbar erklärten Zwangsbefehle eingeleitet wird, und gemäß 
der Bestimmungen der C.P.O., insbesondere des § 769 durchzuführen ist, ist zu unterscheiden von 
dem Zwangsvecgehren behufs Beitreibung der in § 7a A.G. E. P.O. (Art. 5 Justizänd.Ges. v. 13. Febr. 
1905) bezeichneten direkten Steuern, Zölle und indirekten Steuern sowie von Abgaben aus Forde- 
rungen öffentlicher Körperschaften, welche nach gesetzlicher Vorschrift der Beitreibung im Verwaltungs- 
verfahren unterliegen; dieses Verfahren wird ausschließlich im Verwaltungswege durchgeführt, und 
die Gerichte haben nur nach Maßgabe der hierfür getroffenen Bestimmungen auf Antrag der Behörde 
tätig zu werden, im übrigen sich aber gemäß dem Grundsatz über die Trennung der Gewalten jeder 
Einesschung in das verwällungerchhlliche Beitreibungsverfahren zu enthalten. Insbesondere ist die 
Anwendung des § 769 C.P.O. grundsätzlich ausgeschlossen. Die Einstellung der verwaltungsrecht- 
lichen Zwangsvollstreckung kann nur im Wege des § 17 Ver. v. 26. Mai 1905 herbeigeführt werden. 
O. L.G. Colmar v. 22. Juli 1908, Els.-l. Z. 34 S. 409. . 
5 Hat die Verwaltungsbehörde die Entscheidungsbefugnis, und hat sie die Angelegenheit ein- 
mal ausgenommen, so ist die Staatsanwaltschaft, wenn z. B. die Verwaltungsbehörde nicht zu 
einem ersprießlichen Ende mit ihren Mitteln gelangt, zur Übernahme der Strafverfolgung auf 
Antrag der Behörde nicht verpflichttt. 
r*ii Rechtshilfe Steuerbehörden gegenübeer vgll. O. L. G. Colmar v. 26. März 1898, Elf.-I. 
3. S. 460. Über „Amtshilfe“ allgemein: Nelken in v. Stengel-Fleischmanns Wörterbuch. 
 
	        
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