Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

74 Zweiter Teil. Die Verfassung Elsaß-Lothringens und die Behördenorganisation. § 18 
  
Art. 34 der rev. Rh. Sch. A. aufgesührten „Rheinschiffahrtssachen“ 21. Die Zuständigkeit 
ist von Amts wegen zu prüfen, sie kann durch Parteivereinbarung nicht erweitert werden. 
Als Berufungsinstanz kommt (für Elsaß-Lothringen) entweder das Landgericht 
Straßburg als Obergericht oder die Zentralkommission mit dem Sitz in Mann- 
heim in Betracht. Art. 837 der Akte macht die Zulässigkeit der Berufung von einem 
Wert des Streitgegenstandes von über 50 Franken abhängig; für Strafsachen bedeutet 
dies, daß das Höchstmaß der Strafe, welche im Gesetz oder in der Verordnung für 
die zum Gegenstand der Verhandlung gebrachte Strafsache angedroht ist, für die Zu- 
lässigkeit der Berufung maßgebend sei 22. Ein weiteres Rechtsmittel ist unzulässig. 
(Art. 7 Ges. vom 21. April 1832); 
2. die Gewerbegerichte 29. Ihre bisherige Organisation beruhte auf dem 
Gesetze vom 23. März 1880 (G. Bl. S. 45). Die Einsetzung von Gewerbegerichten 
war danach fakultativ; sie konnte erfolgen für Orte mit bedeutendem Fabrik= oder 
Gewerbebetrieb durch kaiserliche Verordnung nach vorheriger Einholung des Gutachtens 
der Handelskammer und der Gemeinderäte (& 1). Durch kaiserliche Verordnung vom 
29. Januar 1913 (G. Bl. S. 5) sind die landesrechtlichen Gewerbegerichte gemäß § 45 
des Gesetzes von 1880 aufgehoben worden. 
Maßgebend ist jetzt nur noch das Reichsgesetz über die Gewerbegerichte vom 
30. Juni 1901 (R.G.Bl. S. 249)4; dasselbe bestimmt, daß für Orte mit mehr als 
20 000 Einwohnern (nach der jeweiligen letzten Volkszählung) ein Gewerbegericht ein- 
gerichtet werden muß. . 
3. Kaufmannsgerichte müssen nach dem Reichsgesetze vom 6. Juli 1904 
(R.G.Bl. S. 266) für diejenigen Gemeinden errichtet werden, welche nach der jeweilig 
letzten Volkszählung mehr als 20 000 Einwohner haben; im übrigen ist ihre Errichtung 
fakultativ. Die Zuständigkeit setzt voraus die Entscheidung von Streitigkeiten aus 
dem Dienst= oder Lehrverhältnis zwischen Kaufleuten und ihren Handlungsgehilfen 
oder Handlungslehrlingen, sofern der Jahresverdienst an Lohn oder Gehalt den Betrag 
von 5000 Mk. nicht übersteigt. Die Zuständigkeit ist eine ausschließliche. Das Kauf- 
mannsgericht besteht aus einem Vorsitzenden (seinem Stellvertreter) und vier Beisitzern, 
die zur Hälfte aus Kaufleuten und zur Hälfte aus Handlungsgehilfen bestehen. Der 
Vorsitzende, der die Fähigkeit zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst 
besitzen soll, wird von dem Gemeinderat auf mindestens ein Jahr gewählt5. 
Was die Vollstreckung von ausländischen Urteilen in Elsaß-Lothringen anlangt, 
so ist noch in Geltung der badisch-französische Rechtshilfevertrag vom 
16. April 1846 ?6. 
Fünfter Abschnitt. 
§ 18. Die Trennung der Gewalten 1. Wenn wir heute von dem Grundsatze der Trennung 
der Gewalten sprechen, so denken wir in erster Linie an eine Trennung im Interesse der Recht- 
sprechung; die Gerichte sollen bei der Rechtsprechung unabhängig sein von Angriffen und Be- 
einflussungen seitens der Verwaltungsbehörden. Aus diesem Grunde ist auch die Unabhängigkeit 
der Gerichte und der Richter in weitestem Maße durch die Verfassungegrundsätze garantiert. 
*!1 Es gehören hierher: a) Zahlung der Lotsen--, Kran-, Wage-, Hafen= und Bollwerke- 
gebühren; b) Klagen wegen der von Privatpersonen vorgenommenen Hemmung des Leinpfads; 
JC) wegen der Beschränkungen, welche Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden 
anderen verursacht haben: d) wegen der den Eigentümern der Zugpferde beim Heraufziehen der 
Schiffe zur Last gelegten Beschädigungen am Grundeigentum. · 
Ausgeschlossen ist die Zuständigkeit für reine Kontraktklagen. Maßgeblich für die 
Zuständigkeit ist der Klagegrund; auch mittelbarer Schaden gehört vor die Rh. ch. Gerichte. 
:2 v. Traut S. 88. 28 Michaölis a. a. O. S. 184. 
24 §2 in der Fassung der Bekanntmachung v. 29. Sept. 1901 (R.G. Bl. S. 353). 
"5 Vgl. Ausf. Best. d. Min. z. R.G., betr. die Kaufmannsgerichte, v. 12. Mai 1906 (Centr. Bl. S. 68). 
26 Val. O.L.G. Colmar v. 1. Febr. 1907 (Elf.-lothr. Ztg. 1911 S. 584) u. H. Münch in 
Annal. 1907 S. 277. 
(§ 181 1 Vgl. O. Mayer, Franz- Verw.R., S. 92 .; A. Esmein, Cours é#émentaire d’histoire 
u droit français, p. III tit. II; Leoni S. 105; Keetman, ÖOff. Arch. 21 S. 78f.; Fleiner 
S. 9 f.: Artur, Séparation des pouvoirs et séparation des fonctions, in Revue du droit
	        
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