118 J. Das Deutsche Reich.
tingent aufgegangen. Die drei Hansestädte, Waldeck,
beide Lippe, Schwarzburg-Sondershausen haben ganz
auf die Kontingentsherrlichkeit zugunsten Preußens ver—
zichtet, sieben thüringische Staaten und die beiden Mecklen—
burg sind zu je einem Kontigent zusammengefaßt. Die
Höchstlommandierenden ernennt der Kaiser, für Sachsen
auf Grund der Vorschläge des Königs. Die Ernennung
der Generale und der Generalstellungen versehenden Offi-
ziere ist in Sachsen von der jedesmaligen Zustimmung
des Kaisers abhängig. Der Kaiser ist berechtigt, sich
jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der
einzelnen Kontingente zu überzeugen und die Abstellung
der dabei vorgefundenen Mängel anzuordnen. JFür
Sachsen ist die letztere Anordnung dem Landesherrn
übertragen, dem der Kaiser zu diesem Behufe etwa vor-
gefundene sachliche und persönliche Anstände mitteilt.
Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebiets an-
zulegen, steht gleich der Ernennung der Festungskomman=
danten dem Kaiser zu. Das Recht der Garnisonsbe-
stimmung, welches an sich gleichfalls dem Kaiser zusteht,
ist Sachsen für sein Kontingent für die Dauer friedlicher
Verhältnisse vorbehalten. Sollte der Kaiser im Interesse
des Bundesdienstes von dem an sich ihm zustehenden
Rechte Gebrauch zu machen sich bewogen finden, würde
er solchenfalls sich vorher mit dem Könige in Bernehmen
setzen. Ein Reichskriegsministerium existiert nicht, eine
selbständige Mlilitärverwaltung durch eigene Kriegs-
ministerien haben nur Preußen, Bayern, Sachsen und
Württemberg. Das oberste beratende Zentralorgan unter
dem Kaiser ist der „Ausschuß des Bundesrats für Land-
heer und Festungen"“, dessen Vorsitzender der preußische
Kriegsminister ist.
EikirmeerDem Wettlaufe der übrigen Großmächte in bezug auf
die fortwährenden Heeres= und Flottenvermehrungen
durfte Deutschland mit Büchsicht auf seine militärische
Sicherheit sich nicht entziehen.! Das Reichsmilitärgesetz
1 Es darf dabei nur hingewiesen werden auf die Heeres-
stärte Frankreichs. Nach der im Jahre 1912 geplanten
Organisation würde die französische Feldarmee (aktive Armee
und Reserven), obwohl Frankreich nur zwei Drittel der Be-
völkerungszahl von Deutschland zählt, 2750000 Mann gegen
2400000 Deutschlands, die Friedensstärke des Heeres 1,40 v. H.