Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

128 I. Das Deutsche Reich. 
der Zivilversorgungsschein bewilligt, deren Inhaber (sog. 
Militäranwärter) nach den vom Bundesrat aufsgestellten 
Grundsätzen bei Besetzung der Subaltern= und Unter- 
beamtenstellen der Reichs-, Staats= und Kommunal- 
behörden und gewisser anderer öffentlichen Anstalten vor- 
zugsweise zu berüchsichtigen sind. 
In Zukunft werden an solche Familien, von denen 
bereits drei Söhne ihrer gesetzlichen Dienstpflicht als 
Unteroffiziere oder Gemeine genügt haben, für das Jahr 
während der gleichen gesetzlichen Dienstzeit eines jeden 
weiteren Sohnes Aufwandsentschädigungen in Höhe 
von 240 .K gezahlt. 
*mß = Für Armee und Marine gilt ein besonderes Millitär- 
wesen. strafgesetzbuch, für die Handhabung der Disziplin eine 
Disziplinarstrafordnung; eine besondere für das ganze 
Reich geltende Millitärstrafprozeßordnung ist am 1. Ok- 
tober 1900 in Kraft getreten. 
Danach gibt es Standgerichte, Kriegsgerichte (eins bei 
jeder Division), Oberkriegsgerichte (eins bei jedem Armee- 
korps) und ein Reichsmilitärgericht in Berlin. Das 
Standgericht, das sich aus einem Stabsoffizier als Vor- 
sitzenden, einem Hauptmann und einem Oberleutnant 
als Beisitzer zusammensetzt, tritt zusammen, wenn es sich 
um Straftaten handelt, die bis höchstens mit sechs Wochen 
Freiheitsstrafe bzw. 150 K Geldstrafe geahndet werden. 
Das Kriegsgericht besteht aus einem Kriegsgerichtsrat 
und vier Offizieren (einem Stabsoffizier als Vorsitzen den, 
einem Hauptmann und zwei Oberleutnants als Beisitzern) 
oder in wichtigeren Fällen, d. h. in solchen, wo auf eine 
Freiheitsstrafe von über sechs Monaten zu erkennen ist, 
aus zwei Kriegsgerichtsräten und dann einem Offizier 
weniger. Das Oberkriegsgericht besteht aus sieben Rich- 
tern, und zwar zwei Oberkriegsgerichtsräten und fünf 
Offizieren. Die Anklage vertritt bei den Kriegsgerichten 
vom 19. Mai 1913 von 120 auf 150 4M jährlich erhöhten Bei- 
hilfen an unterstützungs bedürftige Kriegsteilnehmer aus laufen- 
den Reichsmitteln gewährt. Bemerkenswert ist die Feststellung, 
daß von den 800 000 Mann deutscher Truppen, die durchschnittlich 
1870/71 in Frankreich standen, im Jahre 1912 immerhin zurzeit 
noch 346000 am Leben waren. Darunter befanden sich 24897 
invalide Offiziere und Mannschaften im Alter von 68 bis 
74 Jahren, zu denen noch 3549 Invalide im Alter von 67 bis 
76 Jahren aus den Kriegen vor 1870 hamen.
	        
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