144 II. Das Königreich Sachsen.
wissensfreiheit, der Rechtsgleichheit zum Staatsdienste („Die
Verschiedenheit des Standes und der Geburt begründet
keinen Unterschied in der Berufung zu irgendeiner Stelle
im Staatsdienste") und des Rechtes der Beschwerdeführung
über gesetz= und ordnungswidriges Verfahren einer Be-
hörde oder Verzögerung der Entscheidung. Niemand
kann gezwungen werden, sein Eigentum oder sonstige
Bechte und Gerechtigkeiten zu Staatszwecken abzutreten,
als in den gesetzlich bestimmten oder durch dringende
-o#twendigkeit gebotenen, von der obersten Staatsbehörde
zu bestimmenden Fällen und gegen ohne Anstand ev.
im Rechtswege zu ermittelnde und zu gewährende Ent-
schädigung. "
„ Ent- Neu geordnet ist das Enteignungsrecht durch das Ge—
esets“ setz vom 24. Juni 1902. Hiernach kann die Enteignung,
d. h. die Entziehung oder Beschränkung von Grundeigen-
tum oder Rechten an Grundstüchen, soweit sie nicht durch
besonderes Gesetz bestimmt ist, gegen Entschädigung ver-
fügt werden, wenn sie für ein dem öffentlichen Autzen
gewidmetes Unternehmen notwendig ist. Festgestellt wird
ihre Zulässigkeit durch die Enteignungsverordnung. Die
Entschädigung umfaßt den Wert des enteigneten Gegen-
standes und allen sonstigen Vermögensschaden. Mit der
Eröffnung der Enteignungserklärung tritt die ihr ent-
sprechende Rechtsänderung ein. Der Antrag auf Ver-
leihung des Enteignungsrechts ist beim Ministerium des
Innern einzureichen. Die Enteignungsverordnung ist in
Wegesachen von der Amtshauptmannschaft nach Gehör
des Bezirksausschusses, in den übrigen Fällen mit hönig-
licher Genehmigung durch das Gesamtministerium zu
erlassen und öffentlich bekanntzumachen. Nach einem
Vorverfahren wird ein Feststellungstermin anberaumt, in
dem die Enteignungsbehörde — die Amtshauptmann-
schaft, für die eximierten Städte eine beauftragte Amts-
hauptmannschaft oder ein beauftragter Beamter — unter
Zuziehung der Beteiligten und der Sachverständigen die
Ortlichkeit besichtigt, den vorläufigen Plan vorlegt und
über diesen verhandelt und entscheidet. Die endgültige
Feststellung des Planes erfolgt durch das Ministerium
des Innern nach Vernehmen mit den beteiligten Ministerien.
Der Auslegung des endgültig festgestellten Planes schließt
sich das Enteignungs= und Entschädigungsverfahren an.