Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

6 I. Das Deutsche Reich. 
zur Ausführung der Beichsgesetze nötigen Vorschriften, 
erledigt nichtprivatrechtliche Streitigkeiten zwischen ver- 
schiedenen Bundesstaaten auf Anrufen des einen Teils, 
gleicht Verfassungsstreitigkeiten in solchen Staaten, in 
deren Verfassung nicht eine Behörde zur Entscheidung 
solcher Streitigkeiten bestimmt ist, auf Anrufen eines 
Teiles gütlich aus oder bringt sie im Wege der Reichs- 
gesetzgebung zur Erledigung, schreitet auch in besonderen 
Fällen zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung im 
Reiche ein. Aus eigener Initiative Gesetzesvorlagen an 
den Reichstag zu bringen, ist der Kaiser nicht berechtigt. 
Bei Gesetzesvorschlägen über das Miilitärwesen, die 
Kriegsmarine, das Zollwesen und über die Besteuerung 
gewisser im Reichsgebiete gewonnener Verbrauchsgegen- 
stände gibt, wenn im Bundesrate eine Meinungsver- 
schiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums (des 
Königs von Preußen) den Ausschlag, wenn sie sich für 
Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen aus- 
spricht. Verfassungsänderungen gelten als abgelehnt, 
wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben. 
Elsaß-Lothringen hat dabei kein Stimmrecht; auch wer- 
den die reichsländischen Bundesratsstimmen nicht mit- 
gezählt, wenn nur durch ihren Hinzutritt Preußen die 
Mehrheit gewinnen würde. Im übrigen erfolgt die 
Beschlußfassung mit einfacher Mehrheit. Jede Regie- 
rung kann, abgesehen von den stellvertretenden Bevoll- 
mächtigten, so viel Vertreter senden, als sie Stimmen 
führt. Den Bevollmächtigten und ihren Vertretern wird 
vom Kaiser der übliche diplomatische Schutz gewährt. 
Insoweit die einzelnen Staaten in Berlin Gesandte be- 
ziehentlich eigene Militärbevollmächtigte halten, pflegen 
u. a. diese mit der Funktion von Bundesratsbevollmäch- 
tigten betraut zu werden. Die Bundesratsbevollmäch- 
tigten sind nicht gehindert, die abweichende Meinung 
ihrer Regierungen in einzelnen Fragen, selbst wenn 
diese im Bundesrate überstimmt worden sind, im Reichs— 
tag zu vertreten. Der Bundesratsbevollmächtigte kann 
niemals zugleich Mitglied des Reichstags sein. Die 
Stimmen im Bundesrate sind — unter Berücksichtigung 
der Stimmenverteilung im Plenum des alten deutschen 
Bundestags — auf die einzelnen NRegierungen dergestalt 
verteilt, daß Preußen über 17, Bayern über 6, Sachsen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.