Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

166 II. Das Königreich Sachsen. 
meindebehörden, doch sind zur Beratung dieser Angelegen— 
heiten noch einige einsichtige, erfahrene, gemeinsinnige 
Gemeindeglieder, insbesondere Geistliche, Lehrer, Arzte 
heranzuziehen. 
Armenunterstützung kann gewährt werden in Form von 
Almosen, Krankenpflege, Bekleidung, Kindererziehung, 
Obdachgewährung in Armenhäusern oder zu diesem Zweck 
errichteten Bezirksanstalten. Sie ist auf solche Arme zu 
beschränken, welche den notdürftigen Unterhalt nicht von 
alimentationspflichtigen Privatpersonen oder Korporatio- 
nen erhalten und ganz oder teilweise arbeitsunfähig 
sind, die Aufgabe der öffentlichen Armenpflege besteht 
zugleich darin, künftiger Verarmung vorzubeugen und 
über die ihr Anheimgefallenen Aufsicht zu führen. In- 
soweit die Armenunterstützung reichs= oder landesgesetz- 
lich den Verlust öffentlicher Rechte (Wahlen usw.) zur 
Folge hat, sind nicht als Armenunterstützung anzusehen 
Krankenunterstützung, Anstaltspflege wegen hörperlichen 
oder geistigen Gebrechen, Unterstützung zum Zweche der 
Jugendfürsorge, Erziehung oder Ausbildung für einen Be- 
ruf, sonstige Unterstützungen, wenn sie nur in der Form ver- 
einzelter Leistungen zur Hebung einer augenblicklichen Not— 
lage gewährt sind, endlich erstattete Unterstützungen. In 
jedem Ortsarmenverbande — in der Regel bildet jeder Ge- 
meindebezirk zugleich einen Ortsarmenverband, außerhalb 
eines Gemeindeverbandes stehende Grundstückhe sind mit 
einem solchen zu vereinigen — besteht eine gemeinschaft- 
liche Armenkasse. Jede Armenunterstützung ist als Vor- 
schuß zu betrachten, dessen Erstattung verlangt werden 
kann, wenn der Unterstützte wieder in bessere Verhält- 
nisse Kommt. — Der vorläufig unterstützende Armenver- 
band kann den ihm entstandenen Aufwand vom zur 
endgültigen Tragung verpflichteten sächsischen Armenver- 
bande in der Regel nur nach bestimmten Einheits-(Tarif) 
Sätzen zurückerstattet verlangen, und zwar nach 60 J 
täglich bei Personen über 14 Jahre und 40 NJ bei 
solchen unter 14 Jahre, wenn jedoch die Gewährung von 
arztlicher Hilfe und Krankenpflege notwendig war, nach 
1 A∆ bzw. 60 J täglich. An Beerdigungskosten 15 M 
für Personen über 14 Jahre, 9 für Personen unter 
14 Jahre beansprucht werden. 
Zur Unterstützung der Gemeinden bei der Erziehung
	        
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