Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

174 II. Das Königreich Sachsen. 
leihen aufzunehmen und Bezirkssteuern zu erheben. 
Endlich haben die Bezirksversammlungen die Wahlen 
in den Bezirks= und Kreisausschuß, sowie ihr sonst 
gesetzlich zustehende Wahlen zu vollziehen, und können 
im allgemeinen Bezirksinteresse Anträge an die höheren 
Behörden richten. 
Bezirkstage. Die Bezirksversammlung, welche in Bezirkstagen 
zusammentritt, besteht außer dem Amtshauptmann als 
Vorsitzenden aus mindestens 24 Mitgliedern, und zwar 
zu 1/8 aus den Vertretern der Höchstbesteuerten — 
dies sind diejenigen Bezirkseingesessenen, welche an 
direhten Staatssteuern mindestens 300 K bezahlen — 
und zu 2/8 aus Abgeordneten der im Bezirke ge- 
legenen Stadt= und Landgemeinden, deren Wahl 
in den Städten von dem Stadtrate und Stadtverordneten 
in gemeinschaftlicher Sitzung bzw. von dem Stadtge- 
meinderate, für die Landgemeinden in den aus diesen 
gebildeten Wahlbezirken durch die Vorstände bzw. die 
von den Gemeinderäten gewählten Wahlmänner und 
die Besitzer der vom Gemeindeverbande ausgenommenen 
Güter, unter Leitung der Amtshauptmannschaft, voll- 
zogen wird. Der Bezirkstag ist mindestens einmal 
jährlich von dem Amtshauptmann einzuberufen. Ein dem 
Landtage zugegangener Gesetzentwurf wollte den Kreis 
der Bezirksaufgaben insofern erweitern, als dem Bezirks- 
verbande die gesetzliche Pflicht zur Ubernahme des Auf- 
wandes auferlegt werden sollte, der den Ortsarmenver- 
bänden durch die Fürsorge für hilfsbedürftige Frre, 
Schwachsinnige, Blinde und Epileptische erwächst, außer- 
dem die Beaufsichtigung und Förderung des Feuerlösch- 
wesens, die Anstellung von Bezirksrevisoren für Buch= und 
Rechnungsführung bei Gemeinde-, Spar= und Kranken- 
kassen sowie die Förderung sonstiger gemeinnütziger 
Unternehmungen als anzustrebende Aufgaben bezeichnet 
werden. Außerdem sollte einigen größeren Mittelstädten 
das Ausscheiden aus dem Bezirksverbande erleichtert 
werden. Dieser Entwurf ist nicht Gesetz geworden, da 
insbesondere wegen der Zusammensetzung der Bezirks- 
versammlung die Anschauungen von Regierung und 
Landtag auseinandergingen. Nach einer neuerlichen Er- 
klärung der ersteren im Landtage 1913/14 wird diesem 
ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt werden, der sich aber
	        
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