Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

206 II. Das Königreich Sachsen. 
waltet. Das höhere Mädchenbildungswesen regelt 
das Gesetz vom 16. Juni 1910. Danach sind zur höheren 
Bildung des weiblichen Geschlechts bestimmt die höhere 
Mädchenschule, die Studienanstalten und die Frauen— 
schule. Erstere hat die Aufgabe, der weiblichen Jugend 
eine höhere allgemeine Bildung, als sie die Volksschule 
bietet, zu vermitteln. Die Studienanstalten, nach Art des 
Reformrealgymnasiums einzurichten, sollen ihre Schüle- 
rinnen auf das akademische Studium vorbereiten und 
die Frauenschule dient der wissenschaftlichen Weiterbildung 
der weiblichen Jugend, ohne zu dem Ziele akademischer 
Studien zu führen, sowie der Vorbereitung auf den 
besonderen Beruf der Hausfrau; sie Rkann nur in Ver- 
bindung mit einer höheren Mlädchenschule oder einer 
Studienanstalt errichtet werden. Die Reifezeugnisse der 
sächsischen Studienanstalten gelten als ausreichender 
Nachweis der wissenschaftlichen Vorbildung für Arzte, 
Zahnärzte, Tierärzte und Nahrungsmittelchemiker, sowie 
für die Zulassung zur Immatrikulation an der Univer- 
sität Leipzig zum Zwecke des Studierens der Medizin, 
der Zahnheilkunde und der Pharmazie; im übrigen 
steht bezüglich der Aufnahme als Studierende das Reife- 
zeugnis einer sechsklassigen Studienanstalt dem eines 
BRealgymnasiums, und wenn der Abgang aus der gym- 
nasialen Abteilung erfolgt, dem eines Gymnasiums, das 
Reifezeugnis einer dreiklassigen Studienanstalt aber dem 
einer Oberrealschule gleich. Der Schulkommission für 
höhere Alädchenschulen, Studienanstalten und Frauen- 
schulen können auch wissenschaftlich gebildete weibliche 
Gemeindemitglieder angehören. 
Ferner unterstehen dem Kultusministerium die Taub- 
stummenanstalten zu Dresden (mit Vorschule zu Dresden- 
Plauen) und zu Leipzig, die Turnlehrerbildungs- 
anstalt zu Dresden,! die Königlich Sächsische Gesell- 
schaft der Wissenschaften zu Leipzig mit je einer 
philologisch-historischen und mathematisch-physischen Klasse, 
die als polytechnische Schule im Jahre 1828 gegründete, 
  
1 Uber die Ausbildung und Fortbildung von Turnlehrern 
und Turnlehrerinnen und über deren Prüfung an dieser An- 
stalt sind durch Bekanntmachung vom 12. November 1912 be- 
sondere bzw. neue Bestimmungen getroffen worden.
	        
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