Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. 219 
Den jüdischen Glaubensgenossen ist bereits im Jahre Jüdische 
1837 gestattet worden, in Leipzig und Dresden sich zu · 
Religionsgemeinden zu vereinigen und dort Bethäuser 
(Synagogen) und Schulen zu errichten; die außerhalb 
dieser Städte wohnenden Israeliten waren bisher, so- 
lange nicht an ihrem Wohnorte eine israelitische Gemeinde 
gebildet wurde, an diese beiden Glaubensgemeinden 
gebunden. Nach dem Gesetz vom 10. Juni 1904 sind 
alle jüdischen Glaubensgenossen grundsätzlich zu 
Religionsgemeinden zu vereinigen, deren acht errichtet 
worden sind. Die Glaubensgenossen sind Mitglieder der 
Gemeinde, in der sie wohnen, ein Grundstück besitzen 
oder ein selbständiges Gewerbe betreiben, und haben zu 
deren Lasten durch Zahlung von Gebühren oder An- 
lagen beizutragen. 
Der Austritt aus einer vom Staate anerkannten Mutritt caus 
Religionsgemeinschaft steht jedem, der das 21. Lebensjahr · 
vollendet hat, den Kindern bei Austritt der Eltern be— 
reits vom 14. Jahre frei, nur muß, falls nicht der Uber- 
tritt von einer anerkannten christlichen Konfession zu 
einer anderen erfolgt, der Betreffende seinen Austritt zu 
gerichtlichem Protokoll erklären, und diese Erklärung 
nach vorausgegangener Anzeige an den Pfarrer seiner 
bisherigen Kirchgemeinde in dem von den Gerichts- 
behörden geführten Dissidentenregister verlautbart 
werden. 
Ubrigens ist die Verleitung zum Ubertritte zu einer 
anderen Konfession durch Versprechungen, Drohungen 
nUsw. mit Strafe bedroht. 
Die aus gemischten Ehen (d. i. solchen, in denen Schte 
die beiden Ehegatten verschiedenen Glaubensbekennt— · 
nissen angehören) hervorgehenden Kinder sind — in— 
soweit nicht durch gerichtlichen Vertrag der Ehegatten 
etwas anderes bestimmt ist — in der Konfession des 
Vaters zu erziehen. AUber die Erziehung der Kinder 
von Dissidenten hat bis zu deren 14. Lebensjahre der 
Vater zu entscheiden, doch haben sie jedenfalls an dem 
Religionsunterrichte einer anerkannten Religionsgesell- 
schaft teilzunehmen. Die Teilnahme am Religionsunter- 
richte der Ortsschule kann Kindern aus gemischten Ehen 
auch dann gestattet werden, wenn sie in einer anderen 
Konfession als der der Ortsschule zu erziehen sind; von
	        
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