Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Reichsverfassung. 35 
Volkes, an keinerlei Aufträge und Instruktionen ge— 
bunden und wegen ihrer Abstimmungen oder wegen der 
in Ausübung ihres Berufs getanen Außerungen nicht 
verantwortlich. Ohne Genehmigung des Beichstags Rann 
keins seiner Mltglieder während der Sitzungsperiode 
wegen einer strafbaren Handlung zur Strafe gezogen 
oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung 
der Tat oder im Laufe des nächstfolgenden Tages er- 
griffen wird. Auf Verlangen des Beichstags wird jedes 
Strafverfahren gegen ein Mitglied und jede Untersuchungs- 
oder Zivilhaft für die Dauer der Sitzungsperiode auf- 
gehoben. Dagegen RBann die Verbüßung einer rechts- 
kräftig erkannten Strafhaft weder unterbrochen werden, 
noch ist die Berhaftung zum Zwecke deren Verbüßung 
unstatthaft. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Ein- 
tritte in den Reichstag. Aimmt ein Mitglied des Reichs- 
tags ein besoldetes Staatsamt an oder tritt im Reichs- 
oder Staatsdienst in ein Amt ein, mit welchem ein 
höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, 
so verliert es Sitz und Stimme im Reichstage und kann 
seine Mitgliedschaft nur durch neue Wahl wiedererlangen. 
Die Mitglieder des Reichstags dürfen als solche keine 
Besoldung beziehen. Dagegen erhalten sie seit dem 
21. Mai 1906 außer der ihnen bereits vorher während 
der Sitzungsperiode zugestandenen freien Fahrt auf den 
deutschen Eisenbahnen eine jährliche Aufwandsentschädi- 
gung von insgesamt 3000 # gewährt, von der für 
jeden Tag, an dem ein Mitglied der Plenarsitzung fern- 
geblieben ist, ein Betrag von 20 K in Abzug ge- 
bracht wird. Ein Verzicht auf die Aufwandsentschädi- 
gung ist unstatthaft. Der Reichstag beschließt über die 
Legitimation seiner Mitglieder. Zu diesem Behufe wird 
er durch das Los in sieben gleichstarke Abteilungen ge- 
teilt, denen die Wahlen zur Prüfung zugewiesen wer- 
den.C Angefochtene oder nicht zweifelsfreie Wahlen 
  
1 Außerdem haben sich die Reichstagsmitglieder je nach 
ihren politischen Anschauungen und Bestrebungen zu folgenden 
Fraktionen vereinigt: 1. Deutsch-Konservative, 2. Reichspartei 
(Freikonservative), 3. Deutsche Reformpartei, 4. Wirtschaftliche 
Vereinigung, 5. Zentrum, 6. Polen, 7. Elsaß-Lothringer, 
8. Deutsch-Hannoveraner, 9. Nationalliberale, 10. Fortschritt- 
liche Volkspartei, 11. Sozialdemokraten. Mitglieder, die keiner 
Fraktion sich angeschlossen haben, werden als „Wilde“ be- 
3*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.