Gewerbewesen. 67
meinsamen gewerblichen Interessen neu zu errichtenden
Korporationen von Gewerbetreibenden (Innungen,
Zünfte). Aufgabe der Innungen ist Pflege des Ge-
meingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung
der Standesehre unter den Innungsmitgliedern, die
Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen
Meistern und Gesellen, sowie die Fürsorge für das Her-
bergswesen der Gesellen und für die Nachweisung von
Gesellenarbeit, die nähere Regelung des Lehrlingswesens
und die Fürsorge für die technische, gewerbliche und sitt-
liche Ausbildung der Lehrlinge, Entscheidung gewisser
Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und
ihren Lehrlingen an Stelle der Gemeindebehäörden.
In einer Novelle zur Gewerbeordnung vom 26. Juli
1897 ist das Handwerk neu organisiert und das Lehr-
lingswesen anderweit geregelt worden. Seitdem gibt es
Innungen von Gewerbetreibenden bzw. Handwerkern,
die auf Grund freier Entschließungen der Beteiligten
entstanden (freie Innungen) und Innungen für gleiche
oder verwandte Handwerke, die auf dem Wege des
Zwanges errichtet worden sind (Zwangsinnungen). Die
Errichtung der letzteren erfolgt durch Anordnung der
höheren Verwaltungsbehörde auf Antrag bzw. Zustim-
mung der Mehrheit der beteiligten Handwerker unter
bestimmten, die Abgrenzung des Bezirks und die Zahl
der im Bezirke vorhandenen und beteiligten Handwerker
betreffenden Voraussetzungen. Bei Errichtung einer sol-
chen Zwangsinnung sind die für die gleichen Handwerker
im Innungsbezirke bestehenden freien Innungen zu
schließen. Von dem Befugnisse zur Errichtung von
Zwangsinnungen ist inzwischen vielfach Gebrauch ge-
macht worden; freilich muß auch festgestellt werden, daß
eine Anzahl von ihnen nach Rurzem Bestehen wieder ihre
Auflösung beschlossen hat. Jeder Innung muß ein Ge-
sellenausschuß beigegeben sein, der an der Erfüllung der
Aufgaben der Innung und an ihrer Verwaltung, ins-
besondere bei der Regelung des Lehrlingswesens und bei
der Gesellenprüfung, sowie bei der Begründung und
Verwaltung aller Einrichtungen zu beteiligen ist, für
welche die Gesellen Beiträge entrichten oder eine beson-
dere Mühewaltung unternehmen, oder die zu ihrer Unter-
stützung bestimmt sind. Zur Vertretung der gemeinsamen
57