130 $ 8. Die „gesetzmäßige Verwaltung‘.
zu derartigen Durchbrechungen erteilt, so ist jede amtliche Zu-
sicherung — mag sie in einem Vertrag oder in einer einseitigen
Verfügung enthalten sein —, die eine Befreiung von einer gesetz-
lichen Pflicht gewährt, ein Rechtsbruch und daher ungültig. So
sind alle jene Verträge, in denen die Steuerbehörden ohne gesetz-
liche Ermächtigung gegenwärtigen oder zukünftigen Steuerpflich-
tigen bestimmte Vorteile (Befreiung von Anliegerbeiträgen, Nicht-
besteuerung bestimmter Vermögensbestandteile u.dgl.) versprechen,
schon um ihres Inhalts willen nicht rechtswirksan.?!
Grund erlassenen Ausführungsverordnungen und Ortsgesetze kann im
allgemeinen die Kreishauptmannschaft bewilligen ...‘“ Im Gegensatz
dazu läßt die Badische Landesbauordnung v. 1. Sept. 1907 $ 4 Ab-
weichungen nur zu „soweit die Erteilung der Nachsicht unter bestimmten
Voraussetzungen in der Landesbauordnung selbst für zulässig erklärt
ist odernach Maßgabe der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles von dem
Ministerium des Inneren gestattet wird.“ F. J. Roth, Badische Landes-
bauordnung, 2. Aufl., 1909, S. 23ff. Über Preußen: Preuß. OVG. 27. Nov.
1895 (Entsch. des preuß. OVG. XXIX S. 355). — Kein Bürger hat einen
Rechtsanspruch auf Erteilung einer Dispensation. Ebenso selbstverständ-
lich ist, daß bei Gewährung oder Versagung einer Dispensation fiskalischen
Interessen kein Einfluß verstattet werden darf. K. Sächs. OVG. 17. April
1807 (Jahrbücher des K. Sächs. OVG. XS. 201).
21 Der typische Fall: Der Private X erklärt der Steuerbehörde der
Stadt Y, er werde nach Y übersiedeln, wenn die Steuerbehörde ihm zu-
sichere, daß er nur für ein Vermögen und Einkommen werde besteuert
werden, dessen Höhe von vornherein genau festgelegt werden solle. Die
Steuerbehörde läßt sich darauf ein und schließt mit dem Steuerpflichtigen
einen Vertrag dieses Inhaltes ab; hinterher stellt sich heraus, daß der
Vertrag zum Zwecke der Umgehung der Steuerpflicht geschlossen worden
ist. Der Vertrag ist nichtig. Übrigens möglicherweise schon aus for-
mellen Gründen: wenn nämlich nach dem maßgebenden Landesrecht
die Steuersumme des Pflichtigen durch einseitige Verfügung der Be-
hörde festzusetzen ist. Bayr. VGH. 14. März 1906 (Samml. v. Entsch. des
bayr. VG. XXVII S. 62). K. Sächs. OVG. 11. Februar 1907, 11. Nov.
1907 (Jahrb. des K. Sächs. OVG. X S. 263; XI S. 332). Soergel, Jahr-
buch der Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht I S. 446, Nr. 43, I. Aus
denselben Gründen kann auch eine Landgemeinde gegenüber einer Stadt-
gemeinde vertraglich nicht auf die Besteuerung des in der Landgemeinde
gelegenen städtischen Gaswerkes verzichten; ein solcher Vertrag ist ungültig.
Reichsgericht in Zivilsachen 22. April 1913 (Preuß. Verw. Bl. XX XIV 773).
Vgl. auch die Urteile des preuß. OVG. v. 28. Mai 1885 und 3. Dez. 1898
(Entsch. des preuß. OVG. XII S. 120; XXXIVS. 36). Nach der Gesetz-
gebung Preußens ist der Rechtsweg geöffnet, wenn jemand aus besonderen
Gründen die Befreiung von einer Abgabe behauptet. Stölzel, Rechts-