156 $ 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte.
sind die Hauptbeispiele der besonderen Gewaltverhältnisse.’®
Für das ‚‚besondere Gewaltverhältnis‘‘ ist es unerheblich, ob
es mit oder ohne Zustimmung des Bürgers zustande kommt;
man denke einerseits an das Beamtenverhältnis, andrerseits an
den Eintritt in das Heer oder das Zuchthaus. Gleichgültig ist
ferner, zu welchem Zwecke das besondere Gewaltverhältnis
begründet wird: ob der Eintretende verpflichtet werden soll, für
den Staat tätig zu werden (Beamter) oder aber eine staatliche
Tätigkeit (Erziehung, Strafe, Überwachung) an sich selbst voll-
ziehen zu lassen. Keinen Unterschied macht es endlich aus, ob
durch die Übernahme der gesteigerten Pflichten des besonderen
Gewaltverhältnisses die Einräumung besonderer Vorteile erkauft
werden soll,® oder ob es auf die Begründung eines reinen Pflicht-
dienste zu Gunsten der Steuerbehörden) zu erfüllen, die die einfachen
Steuerpflichtigen nicht treffen. Zigarettensteuergesetz v. 1909 $ 14; Brau-
steuergesetz v. 1909 $$ 34, 36, 50; Branntweinsteuergesetz v. 1909 $ 99;
Schaumweinsteuergesetz v. 1909 $$ 10 bis 11; Leuchtmittelsteuergesetz
v. 1909 $ 12; Zündwarensteuergesetz v. 1909 8$ 17, 34 usw.
5» Kein besonderes Gewaltverhältnis wird dagegen durch den Eintritt
eines Mitglieds in einen privatrechtlichen Verein begründet. Heins-
heimer, Mitgliedschaft und Ausschließung S. 23 ff.
6 So bedürfen Kriegervereine ansich keiner staatlichen Genehmigung.
Kommt der Verein aber um die staatliche Bestätigung ein und wird dieseihm
erteilt, so erwirbt er in Preußen (nach der Kabinettsordre v. 22. Febr. 1842)
eine Reihe von Vorrechten, die über die Befugnisse gewöhnlicher Vereine
hinausgehen: der Verein erhält die Befugnis zur Veranstaltung von mili-
tärischen Begräbnissen ohne besondere polizeiliche Erlaubnis; die Mitglieder
erwerben ferner das Recht zum Tragen der Uniform bei bestimmten Gelegen -
heiten usw. Andrerseits unterwirft sich der Verein aber einer besonderen
Aufsicht der Behörde. Preuß. OVG. 29. Januar 1909 (Entsch. Bd. 54,
S. 277). Zimmer, Art. „Kriegervereine‘‘ im WB. des Verwaltungs-
Rechts? II 674. Reichsvereinsgesetz $ 11 und dazu Stier-Somlo,
Reichsvereinsgesetz, S. 148, 162. — Ein andres Beispiel bietet die aog.
Reglementierung der gewerbsmäßigen Unzucht. Die gewerbsmälßige
Unzucht ist strafbar (RStGB. $ 361, Ziff. 6).. Dadurch jedoch, daß die
Prostituierte in eine Kontrolliste ‚eingeschrieben‘, „„Kontrolldirne‘ wird,
gelangt sie unter eine besondere Aufsicht, sie tritt in ein besonderes Ab-
hängigkeitsverhältnis zur Polizei. Sie hat deshalb einerseits besondere
Pflichten zu erfüllen, die ihr von der Polizei zur Sicherung der Gesundheit
(periodische sanitäre Untersuchungen), der öffentlichen Ordnung und des
öffentlichen Anstandes (Anweisung bestimmter Straßen) auferlegt werden
und deren Mißachtung nach StGB. $ 361, Ziff. 6 bestraft wird. Andrer-
seits aber erwirbt sie durch die „Einschreibung“ die Möglichkeit, die
