Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

160 $ 11. Öffentliche Pfliehten und öffentliche Rechte. 
vorschriften zu schaffen.'! Denn gerade hier zeigt es sich, daß 
für die Verwaltungsbehörden die Verwirklichung des Rechts 
nicht Selbstzweck ihrer Tätigkeit bedeutet. Das Gesetz richtet 
ihnen lediglich im Interesse des Bürgers Schranken auf 
an dem Wege zu einem vom Rechtszwecke verschiedenen Ziele 
— Schranken, die der Bürger beseitigen kann. Tut er dies, so 
ermächtigt er die öffentliche Verwaltung, in seine Freiheitssphäre 
einzugreifen.'? 
Die ganze Erscheinung wird in das richtige Licht gerückt, 
wenn man die Umstände beachtet, unter denen sich der er- 
wähnte Rechtsvorgang abspielt. Z. B.: Der Wirt sucht um 
die Erlaubnis nach, eine Wirtschaft während dreier Monate 
betreiben zu dürfen, da er weiß, daß ein Gesuch auf Errichtung 
einer neuen ständigen Wirtschaft wegen mangelnden Bedürfnisses 
würde abgelehnt werden; die Behörde entspricht dem Antrag 
und gewährt eine Schankkonzession auf drei Monate, trotzdem 
ihr das Gesetz (GewO. $ 40) — im Interesse des Bürgers — ver- 
bietet, Konzessionen auf Zeit zu erteilen.’ Ähnlich verhält es 
  
11 Urt. des preuß. OVG. v. 21. Febr. 1893 (Entsch. Bd. 24, S. 369). 
F.J. Roth, Bad. Landesbauordnung, 2. Aufl., 1909, 8.7. 
12 Eine solche Willenserklärung wirkt konstitutiv; es liegt kein 
Vertrag mit der Behörde vor. Otto Hirsch, Baulasten S. 45. — 
Gegen die im Text verteidigte Ansicht vgl. Preuß. Ob.-Verw.-Ger. 
v. 12. März 1884 (Entscheidungen Bd. 10, S. 288): Der erste Richter hatte 
die Schankkonzession verweigert, weil ein Bedürfnis nicht vorhanden sei. 
Einem Eventualantrag des Klägers entsprechend hatte der Berufungs- 
richter erkannt, es sei dem Kläger die erbetene Schankkonzession unter 
der Bedingung zu erteilen, daß er nicht weibliche Bedienung im Schank- 
lokale halte. Auf Revision der Polizeiverwaltung hob das Oberverwal- 
tungsgericht als Revisionsinstanz das Urteil auf: das Gesetz kenne keine 
derartige Verpflichtung, und der Kläger könne nicht auf ein gesetzliches 
Recht verzichten. (Dem OÖberverwaltungsgericht stimmt zu: Kormann, 
Rechtsgeschäftliche Staatsakte, 1910, S. 354.) Darüber, wie es sich mit 
dem Verzicht verhält, vgl. unten am Schluß des $ 11. 
13 Vgl. die Kommentare zur Reichsgewerbeordnung ($ 40) von 
Schenkel und Schicker. — Literatur und Judikatur im allgemeinen 
im Kommentar von Landmann, Gewerbeordnung, ® 18.421. Linden- 
berg, Reichsgewerbeordnung, 1913 S. 64. Landınann und das preuß. 
Oberverwaltungsgericht (Entsch. Bd. 52, S. 374) haben sich |gegen die 
im Text vertretene Auffassung ausgesprochen. Preuß. OVG. 16. Oktober 
1911 (Entscheidungen Bd. 61, S. 345): im Einverständnis mit dem Ge-
	        
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