164 $ 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte.
Schadenersatzklage gegen den schuldigen Beamten (unten $$ 14
und 16) stehen dem Bürger zu Gebote, mag es sich um Verletzung
eines subjektiven Rechtes oder um Verletzung bloß objektiven
Rechtes handeln. Denn gerade an diesem Punkte zeigt sich
deutlich der Unterschied zwischen einer Vorschrift der Dienst-
instruktion, die den Beamten nur nach innen bindet, und einer
Norm des objektiven Rechtes, deren Vollziehung eine dem Be-
amten ‚einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht‘‘ (BGB.
$ 839) darstellt. Überdies hat nicht selten der Gesetzgeber auch
einen verwaltungsgerichtlichen Schutz im bloßen Interesse der
Aufrechterhaltung der objektiven Rechtsordnung (‚dans l’in-
teret de la loi“) ausgebildet (unten $ 15) und hat damit die
Grenzlinie vollends verwischt. Die Entscheidung über den
Charakter der einzelnen Gesetzesvorschrift hängt endlich auch
nicht davon ab, ob die Behörde einen gesetzlichen Anspruch von
sich aus zu befriedigen hat oder ob sie einen Antrag des Unter-
tans abwarten muß.??
Die Unterscheidung zwischen subjektiven Rechten und Re-
flexwirkungen objektiven Rechts ist eine rechtsstaatliche Er-
findung. Wir verlangen vom Rechtsstaate in erster Linie, daß
er jedem Untertan dieselben Ansprüche gegen die öffentliche
Verwaltung verleihe. Am sichersten wird dieser Forderung da-
durch genügt, daß das Gesetz von vornherein jedem Bürger den
gleichen Anspruch auf eine staatliche Leistung in die Hand
gibt. Durch diese Art der Verbindung von Anspruch und
Person entsteht ein subjektives Recht. Es ist richtig, daß die
Rechtsgleichheit der Bürger auch durch die Aufstellung von
Normen bloß objektiven Rechts erzielt werden kann.?® Durch
die Erhöhung eines Anspruchs zum subjektiven Recht wird der
Anspruch inhaltlich nicht erweitert, wohl aber empfängt er eine
t ı
22 Beispiele: Trotzdem das Wahlrecht ein subjektives öffentliches
Recht ist, hat die Behörde den Wahlberechtigten von Amtswegen in die
Wählerliste einzutragen (Wahlgesetz f. den Reichstag v. 1869 $ 8). Andrer-
seits tritt die Gewährung von Armenunterstützung regelmäßig erst auf
Antrag ein, obgleich der Unterstützungsanspruch nicht den Charakter
eines subjektiven Rechts trägt. (Wohlers- Krech, Unterstützungs-
wohnsitzgesetz!3 S. 83.)
23 ,aband, Staatsrecht I S. 331, III5 S.207, erblickt in den öffentlich-
rechtlichen Normen grundsätzlich bloße Vorschriften objektiven Rechte.