166 $ 11. Öffentliche Pflichten und öitentliche Rechte.
ziehen oder sie nur einem beschränkten Personenkreise zu-
kommen zu lassen,?® ohne dabei auf jura quaesita zu stoßen.
Aus diesem Grund sind z. B. die Ansprüche der Einzelnen auf
Benützung der öffentlichen Straßen, der öffentlichen Anstalten
(Krankenhäuser, Museen, Bibliotheken),® der Anspruch auf
Armenunterstützung,?” die Ansprüche auf den ‚„Bürgernutzen‘?®
u. a. m. nach den meisten Gesetzen nicht zu Individualrechten
ausgestaltet worden. Der Einzelne besitzt gegen die öffentliche
Verwaltung lediglich den allgemeinen Anspruch, daß das Gesetz
vollzogen werde.
Und das Ergebnis: subjektives Recht und Reflex objektiven
Rechts unterscheiden sich durch kein äußeres Merkmal. Darin
liegt die formale Schwäche des Gegensatzes. In welcher der
beiden Gestalten dem Bürger die Befriedigung eines konkreten
Interesses zugesichert ist, muß auf Grund sorgfältiger Gesetzes-
auslegung für jedes Institut besonders festgestellt werden. Wo
daher in den weitern Erörterungen dieses Buches von ‚öffent-
lichen Ansprüchen“ schlechthin die Rede ist, sind darunter sowohl
die Ansprüche verstanden, die durch den allgemeinen Gesetz-
vollziehungsanspruch gedeckt werden, wie jene, welche in sub-
jektiven öffentlichen Rechten feste Gestalt gewonnen haben.?®
2. Wo subjektive öffentliche Rechte?’ anerkannt sind, erscheint
als Berechtigter der einzelne Untertan, als Verpflichteter der
25 Fleiner, Einzelrecht und öffentliches Interesse, S. 37 ff.
26 Vgl. unten $ 18.
2” Vgl. die Erörterungen von Eger in seinem Kommentar zum
Unterstützungswohnsitzgesetz, $ 61.
28 Selbstverständlich kann der Gesetzgeber auch hier bürgerliche
Sondernutzungsrechte als Individualrechte begründen. Vgl. über die
verschiedenen Ausgestaltungen Gierke, Die Genossenschaftstheorie und
die deutsche Rechtsprechung S. 198ff. und Deutsches Privatrecht Bd. I
Ss. 606ff.
29% Vgl. über den Begriff des Anspruchs im Privatrecht: v. Tuhr,
Allg. Teil des Bürgerl. Rechts I S. 240ff.
seC,F.Gerber, Über öffentliche Rechte, 1852. Jellinek, System der
subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl.1905; Allgemeine Staatslehre?S.416 ff.
Santi Romano, La teoria dei Diritti publici subiettivi (Orlando, Primo
trattato completo di Diritto amministrativo italiano, I 1900). Otto Mayer,
Deutsches VerwaltungsrechtI$9. v.Stengel, Die Verwaltungsgerichtebar-
keit und die öffentlichen Rechte (VerwaltungsarchivIII, 177). Andersseu,
Das subjektive Recht (Grünhuts Zeitschrift f. d. Privat- und öffentl.
