172 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
dem Privatrecht eigentümliche Institute.” Der Untertan, wel-
cher dem Staat mehr geleistet, als er geschuldet hat, ist zur
öffentlichrechtlichen Rückforderung berechtigt. Die
Rückerstattungspflicht des Staates ist die notwendige Folge jeder
Entscheidung oder Verfügung, welche feststellt, daß der Staat
in einem bestimmten Falle seine Kompetenz zur Abgaben-
erhebung überschritten hat.* Ähnlich verhält es sich mit der
2 Tezner, Die Privatrechtstitel im öffentlichen Recht (Archiv für
öffentliches Recht IX S. 325ff., 489ff.).. v. Gehe, Zur Frage der An-
wendung der sog. Privatrechtstitel im öffentlichen Recht (Fischers Zeit-
schrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung, Bd. 34 S. 269). Vgl.
auch oben $4.
3 Otto Mayer II S. 429 und Glässing, Das Recht der Rückforde-
rung im Gebiet des deutschen öffentlichen Rechts (Hirths Annalen des
Deutschen Reichs 1896). v. Gehe, in Fischers Zeitschrift für Praxis und
Gesetzgebung der Verwaltung, Bd. 34 S. 159 (‚‚Der Bereicherungsanspruch
im öffentl. Recht‘‘). Göz, Verwaltungsrechtspflege in Württembg. S. 162. —
Umgekehrt kann die Verwaltungsbehörde, welche einem Beamten zuviel
Reisekosten ersetzt oder andere im öffentlichen Recht wurzelnde Beträge
über das gesetzliche Maß hinaus gezahlt hat, das zuviel Geleistete mit
der öffentlichrechtlichen condictio zurückverlangen. Kormann im Preuß.
Verw.-Bl. XXXIII 778.
« Morawitz, Die Kondiktion publizistischer Leistungen (Zeitschrift
f. Rechtspflege im Herzogtum Braunschweig, Bd. 56 (1905) S. 2ff., 40ff.).
Deshalb gehören Ansprüche auf Rückerstattung zu viel bezahlter öffent-
licher Abgaben grundsätzlich nicht auf den Rechtsweg; derartige Pro-
zesse sind keine „bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“. Wenn die Landes-
gesetzgebung sie trotzdem vor die Zivilgerichte weist, so liegt eine Er-
weiterung des Rechtsweges vor. Stölzel, Rechtsweg und Kompetenz-
konflikt in Preußen, $8. 102. Kamptz u. Delius, Rechtsprechung des
Reichs- und Kammergerichts auf den Gebieten des öffentlichen Rechts
I S.194 Nr. 9, S. 213 Nr. 5. Reichsgericht in Zivilsachen Bd. 67 S. 401ff.
und die dort zitierten Entscheidungen. Soergel, II S. 57 Nr. 32. Gaupp-
Stein, Zivilprozeßordnung I!9S.8. Entscheidungen des Schweiz. Bundes-
gerichts Bd. 33 (1907), T. 2 S. 702; Schweiz. Juristen -Zeitung VII 367.
— Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Artikel 104,
hat ‚die landesgesetzlichen Vorschriften über den Anspruch auf Rück-
erstattung mit Unrecht erhobener öffentlicher Abgaben oder Kosten
eines Verfahrene‘‘ unberührt gelassen und dadurch der Landesgesetz-
gebung freie Hand gewährt zur öffentlichrechtlichen Ausgestaltung
des Instituts. Vgl. dazu Niedner, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen
Gesetzbuch, Erläuterung zu Artikel 104. — Im allgemeinen hat der Rück-
fordernde nicht nachzuweisen, daß er aus Irrtum zu viel bezahlt habe.
denn er verlangt lediglich die Beseitigung einer Gesetzwidrigkeit. Reger