$ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte. 181
die Schriftlichkeit.e. Ausnahmen davon bedürfen stets be-
sonderer gesetzlicher Ermächtigung. Der Grundsatz entspricht
dem Wesen des obrigkeitlichen Aktes und den Anforderungen der
Rechtssicherheit.?*
Endlich aber ist jede Verfügung dem Betroffenen kund zu
machen. In welcher Form diese Kundmachung zu erfolgen hat,
hängt von der Natur der Verfügung ab. So sind individuell
abgestufte Befehle der öffentlichen Verwaltung jedem Pflich-
tigen besonders — und zwar in der Regel durch Zustellung
eines Schriftsatzes® — mitzuteilen, während bei den an eine
unbegrenzte Personenzahl gerichteten Verfügungen öffentliche
Bekanntmachung auszureichen pflegt.?* Die Verfügung bedarf als
mellen Gesetze (Handbuch d. Politik I 8. 285). Über eine interessante
Verwendung des bloß formellen Gesetzes im schweizerischen Staatsrecht
vgl. Fleiner, in der Zeitschrift für Schweizerisches Recht, n. F. XXV
S. 397 ff.
2* Daraus ergibt sich die Unzulässigkeit von stillschweigenden Willens-
erklärungen. Denn diese passen an sich schon zum obrigkeitlichen Akt
wie die Faust aufs Auge. Überdies geht den stillschweigenden Willens-
erklärungen nicht jenes gesetzliche Verfahren voraus, das eine Gewähr
für die Richtigkeit des Willensentschlusses der Behörde bildet. Otto
Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I 280. Königl. Sächs. Ob.-Verw.
Gericht 9. Januar 1909 (DJZ. XV 89). Andrer Meinung: Kormann,
Rechtsgeschäftl. Staatsakte 9. 175 und die von K. zitierte herr-
schende Ansicht in der Judikatur. Diese hat es sogar fertig gebracht,
von ‚stillschweigenden Beamtenernennungen‘‘ zu reden. Vgl. zu der
ganzen Streitfrage: Preuß, Städt. Amtsrecht in Preußen SS. 387 ff.
Alfred Schulze, Reichsbeamtengesetz, Anmerk. 1 zu $4. Jahrbuch des
Verwaltungsrechts V! 8. 545. — Die bayrische Regierung hat im Jahre
1890 den Altkatholiken gegenüber behauptet, es sei möglich, einen des
Plazetse bedürftigen Akt des Papstes nicht bloß ausdrücklich, sondern
auch „tatsächlich‘ zu plazetieren, nämlich durch konkludente Hand-
lungen. (Archiv f. kathol. Kirchenrecht Bd. 64, S. 446.)
235 Doch kommt auch öffentliches Auflegen einer ‚„Hebeliste‘‘ vor.
Es sei ferner erinuert an die öffentlich auszulegenden Wählerlisten,
welche die Wahlberechtigten (für die Reichtstagswahlen) aufführen.
Wahlgesetz f. den Reichstag v. 1869, $8. Kormann, Die Zustellung
von Verwaltungsakten an den falschen Adressaten (Verwaltungsarchiv
XIX 166f.).
26 Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung das Urteil des Preuß. Ob.-
Verw.-Ger. v. 28. Nov. 1896 über die Erhebung der Hundesteuer (Ent-
scheidungen Bd. 30, S. 110). — Als Zustellungsform kann auch die münd-
liche Eröffnung genügen; dies trifft z. B. bei der Auflösung einer öffent-