182 $ 12. Anspruch- und pflichtbegrundende Staatsakte.
einseitiges Rechtsgeschäft der Annahme des Bürgers nicht, an
den sie sich richtet. Sie besitzt ihren Rückhalt allein am Gesetz.
Sie ist empfangs-, aber nicht annahmebedürftig. Den Charakter
des einseitigen Rechtsgeschäfts büßen auch die Verfügungen
nicht ein, die begriffsmäßig oder gemäß gesetzlicher Vorschrift
nur auf Antrag des Privaten erlassen werden dürfen; es sei z.B.
an die Erteilung einer Polizeierlaubnis erinnert.
Der Schein eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes entsteht da-
gegenin allen den Fällen, in denen von Gesetzeswegen die Gültig-
keit einer von der Behörde erlassenen Verfügung von der vorgängi-
gen oder nachfolgenden Einwilligung des Betroffenen abhängig
ist.” Das kommt vor bei den Verwaltungsakten, welche einem
Privaten eine besondere Pflicht, über die allgemeinen Unter-
tanenpflichten hinaus, auferlegen (oben $ 11), oder zu seinen
Gunsten ein besonderes subjektives Recht begründen.?® So
kann im allgemeinen das Beamtenverhältnis und die berufs-
mäßige Militärdienstpflicht der Offiziere und Unteroffiziere
(„Kapitulanten‘‘) nur begründet werden mit Einwilligung des
Betroffenen; die Naturalisation des Ausländers und die Stun-
dung von Steuern sind abhängig von dem Antrag des Bür-
gers, und der Eisenbahnkonzessionär erklärt seine Zustimmung
zu dem in der Eisenbahnkonzession festgesetzten Rückkaufs-
recht durch vorbehaltslose Annahme der Konzessionsurkunde.
Liegt in solchen Fällen nicht Willenseinigung zwischen Staat
und Untertan, also Vertrag, vor? Eine weitverbreitete Meinung
bejaht die Frage; sie erblickt in den aufgezählten Beispielen
lichen Versammlung zu (Reichsvereinsgesetz $ 14). Ausnahmsweise ist
auch Kundmachung durch konkludente Handlungen zulässig (Straßen-
sperrung usw.). Über die Frage der Empfangsbedürftigkeit der Verfü-
gungen: Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakte S. 184 ff.
27 Ist die Rechtsgültigkeit der Verfügung abhängig von der Zustim-
mung einer Privatperson, so gewinnt die Frage nach der Geschäftsfähig-
keit dieser Person Bedeutung auch für das Verwaltungsrecht. Vgl. darüber
oben S. 154 u. unten $ 12 (Ungültigkeit wegen Willensmängeln).
28 Vgl. auch das Bayrische Heimatsgesetz v. 1868/1899, Art. 9:
„Die Gemeindeverwaltung kann jedem Angehörigen des bayerischen
Staates das Heimatrecht auch dann, wenn ein gesetzlicher Anspruch
nicht besteht, auf Ansuchen verleihen und hiebei mit dem Bewerber
die Bedingungen vereinbaren, von deren Erfüllung die Verleihung des
Heimatrechts abhängig gemacht wird...“