184 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
scheinung: in der einseitigen Ernennung des Beamten durch das
Staatsoberhaupt, dereinseitigenVerleihungder Staatsangehörigkeit
durch die Verwaltungsbehörde, der einseitigen Anordnung und
Durchführung des konzessionsmäßigen Eisenbahnrückkaufs??
und der einseitigen Gewährung der Steuerstundung.’® Trotzdem
bei den besprochenen Gestaltungen die Zustimmung des Pri-
vaten wesentlicher Bestandteil des Geschäfts ist, deren Fehlen
den ganzen Akt ungültig macht, bleibt dieser eine einseitige
Verfügung.”
b. Die Verfügungen der Verwaltungsbehörden enthalten
herrschaftliche, obrigkeitliche Anordnungen, die für konkrete
832 Einen interessanten Beleg liefert das schweizerische Bundesgesetz
vom 15. Oktober 1897, betr. die Erwerbung und den Betrieb von Eisen-
bahnen für Rechnung des Bundes (Eisenbahnrückkaufsgesetz). Es hat
die Bundesbehörde ermächtigt, die Hauptbahnen, welche Aktiengesell-
schaften gehören, für den Bund zu erwerben und zwar entweder auf dem
Weg des konzessionsmäßigen Rückkaufs oder auf dem Weg des frei-
händigen Kaufs durch privatrechtlichen Vertrag. Der schweizerische
Bundesgesetzgeber hat somit scharf zwischen den zweiim Text erwähnten
Rechtsformen unterschieden.
33 Kormann, Rechtsgeschäftliche Staatsakte 8. 94. Die Zustim-
mung des betroffenen Untertans beruht auf einem einseitigen Rechts-
geschäft. Otto Hirsch, Baulasten, 8. 456ff.; s. auch oben 9. 160.
% (Gegen diese juristische Konstruktion wendet sich mit besonderer
Energie der Hauptvertreter der Vertragstheorie, Laband, im Archiv
für öffentliches Recht XVIII S. 73ff.; Staatsrecht 15 S. 447 (daselbst
S. 447 Anmerk. 1 und 9. 448 Anmerk. 3 ein Verzeichnis der Anhänger
und Gegner der Vertragstheorie). — Wegen der äußeren Verwandt-
schaft mit dem Vertrag bezeichnet das französische Recht derartige Ver-
fügungen als „contrats administratifs“‘. Die französische Praxis hat sie
mit anderen Rechtsgeschäften, die wir vom Standpunkt des deutschen
Rechts aus als privatrechtliche Verträge auffassen (Lieferungs- und Werk-
verträge zu Gunsten der öffentlichen Verwaltung u. dgl.), zu einem
öffentlichrechtlichen Institute vereinigt. Dieser ‚‚contrat‘‘ gibt dem
Staat einen vollen Vorrang: über den andern Vertragsteil; der Staat be-
fiehlt einseitig, wie der Vertrag zu vollziehen ist, die andere Vertrags-
partei hat zu gehorchen. Otto Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrecht-
lichen Vertrag (Archiv für öffentliches Recht III S. 1ff.) und Theorie
des französischen Verwaltungsrechts 8. 290ff. Aucoc, Conferences sur
l’administration et le droit administratif, 36d. 1885/86, II p.304. Fuzier-
Herman, Röpertoire alphab6ötique du droit francais, 1886, v. „marche6s
administratifs‘‘ t. XXVIIp.222. Hauriou, Precis de Droit administratif”
Register v. „marches“. Berthölemy, Droit administratif?” p. 612, 659.