194 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
Wegfalls der Voraussetzungen nur in den vom Gesetze genannten
Fällen zulässig ist.
c. Jede Verfügung ist nur rechtsgültig, wenn sie von der zu-
ständigen Behörde erlassen worden ist und inhaltlich mit dem
Gesetze übereinstimmt. Da sich in der Verfügung eine Willens-
erklärung verkörpert, so muß sie überdies frei von Willens-
fehlern sein. Die Verfügung, die gegen einen dieser Grundsätze
verstößt, ist ungültig.’
Während das Privatrecht im allgemeinen ein mit rechtlichen
Mängeln behaftetes Rechtsgeschäft als nichtig behandelt, läßt
das öffentliche Recht diese Wirkung nur bei den gröbsten Ver-
stößen gegen das Gesetz eintreten. Es betrachtet als nichtig
nur diejenige Verfügung, welcher ein wesentliches juristisches
Element fehlt. Zu den wesentlichen Elementen jeder Verfügung
gehört aber, 1. daß die verfügende Behörde sachlich und örtlich
zuständig gewesen ist,’’ 2. daß die Verfügung in die vom Gesetze
6° Näheres über die Lehre s. bei Walter Jellinek, Der fehler-
hafte Staatsakt und seine Wirkungen, 1908. (Der Verfasser geht
von Anschauungen aus, die zum Teil von der oben im Text vertretenen
Meinung abweichen.) Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakte S. 203 ff.
68 Laband, Staatsrecht II5 S. 195ff. Sächs. OVG. 16. Oktober 1911
(Jahrbücher XVIII 75).
69 Beispiele: Nichtig ist die Verfügung des Organs, das keine Amts-
gewalt zur Besorgung einer bestimmten Art von Geschäften besitzt. Daher
liegt ein nichtiger Staatsakt nicht bloß dann vor, wenn die Verwaltungs-
behörde in den Bereich einer anderen staatlichen Funktion übergreift,
sondern auch in den Fällen, in denen eine untere Verwaltungsinstanz eine
von Gesetzeswegen der höheren Verwaltungsinstanz vorbehaltene Anord-
nung getroffen hat. Z. B.: Eine untere Baupolizeibehörde hat dem A.
die Bewilligung zur Errichtung eines Pulvermagazins erteilt, trotzdem
die Kompetenz hierzu der höheren Verwaltungsbehörde allein zusteht
(Amtsblatt des Württembg. Ministeriums des Innern, 1890, S. 115). Vgl.
auch Entsch. des preuß. Ob.-Verw.-Ger. v. 14. Nov. 1901 (Reger XXII
S. 301). Badischer VerwGH 18. März 1913: der Bürgermeister hat
irrttümlicherweise an Stelle des Vorsitzenden des lokalen Versicherungs-
amts eine Verfügung erlassen; sie ist nichtig; jedermann durfte den Akt
pro non facto behandeln (Ztsch. f. Bad. Verw. u. VerwRPfi. 1913,
S. 106). Nachträgliche Genehmigung der zuständigen Behörde heilt die
Ungültigkeit nicht. Entsch. des sächs. Ob.-Verw.-Ger. v. 18. Juni 1906
(Jahrbücher des Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. IX S. 157). — Daß auch
die Verfügung des örtlich unzuständigen Verwaltungsbeamten als nichtig
behandelt wird, erklärt sich aue den besonderen Verhältnissen der Verwal-