Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

214 $ 13. Verwaltungszwang. 
Soweit dagegen ein besonderes Verfahren zur Vollstreckung 
der Verfügungen öffentlicher Behörden nicht besteht und Ersatz- 
vornahme oder Ungehorsamsstrafe unanwendbar sind oder nicht 
zum Ziele führen, ist die Behörde auch hier vermöge ihrer Amts- 
gewalt ein für allemal ermächtigt, ihre Anordnungen direkt mit 
physischer Gewalt, d.h. mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen. 
Sie hat in jedem einzelnen Falle nach pflichtgemäßem Ermessen 
ihre Maßnahmen zu treffen und sich dabei auf das unbedingt 
Gebotene zu beschränken.?® Es soll nicht verkannt werden, daß 
es gerade hier schwer hält, die Grenzen zu ziehen. Der physische 
Zwang darf im normalen Lauf der Dinge nur ultima ratio sein.?® 
Ist aber Gewaltanwendung einmal zulässig, so kann sie sich gegen 
Vermögen, wie Person des Pflichtigen richten. Unmittelbare 
Gewaltanwendung gegen das Vermögen liegt z. B. vor bei polizei- 
licher Schließung eines nicht genehmigten Gewerbebetriebes, bei 
polizeilicher Einstellung eines nicht genehmigten Hausbaus, bei 
Beschlagnahme von Wirtschaftsinventar zur Verhinderung eines 
nicht genehmigten Wirtschaftsbetriebs usf.?! Besondere Schwierig- 
keiten bereitet die Frage, unter welchen Umständen die öffentliche 
2% v. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, III S. 5/6. Otto Mayer, 
I S.340. Thoma, Polizeibefehl, I S. 90. Rosin, Polizeiverordnungs- 
recht in Preußen, S. 111. 
80 Preuß. Landesverwaltungsgesetz & 132, Ziff. 3: „Unmittelbarer 
Zwang darf nur angewendet werden, wenn die Anordnung ohne einen 
solchen unausführbar ist.‘ 
st Reichsgewerbeordnung $ 147, Abe. 3, ermächtigt, wenn eine ge- 
werbliche Anlage ohne Genehmigung errichtet wird oder die Bedingungen 
der „Gewerbekonzession‘“ nicht eingehalten werden, die Polizeibehörde 
ausdrücklich, ‚die Wegschaffung der Anlage oder die Herstellung des 
den Bedingungen entsprechenden Zustandes derselben anzuordnen‘. 
Landmann, Kommentar zur GewO. 11% S.781. Ein interessantes Urteil 
des preuß. Kammergerichts vom 19. April 1907 (Reger, XXVIII S. 7): 
Ein Wirt eröffnet eine Schankwirtschaft ohne polizeiliche Erlaubnis, 
die Polizei verhindert den weiteren Betrieb durch Beschlagnahme der 
Trinkgläser, einschließlich der im Eigentum der Gäste stehenden Stamm- 
krüge.. Das Kammergericht hat dies mit Recht für zulässig erklärt. — 
Polizeiliche Schließung gewerblicher Anlagen ist zulässig, um den Pflich- 
tigen zur Einhaltung der Genehmigung zu zwingen. Entsch. des Preuß. 
Ob.-Verw.-Ger. vom 20. Juli 1907, 23. März 1911 (Reger, XXVIII 8; 
Entscheidungen Bd. 59, S. 365). Über polizeiliche Einstellung von Bauten: 
F.J. Roth, Badische Landesbauordnung 8. 263.
	        
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