$ 15. Verwaltungsgerichtsbarkeit. 239
tungsgerichtes zu wählen. Da die Verwaltungsrichter die Garantien
richterlicher Unabhängigkeit genießen, können sie, wenn sie Be-
rufsrichter sind, aus ihrem Amte nicht anders entfernt werden,
als die Mitglieder der ordentlichen Gerichte. Für die Verwaltungs-
rechtsprechung in den mittleren und unteren Instanzen bestehen
nur in wenigen Staaten (Oldenburg, Anhalt, Sachsen-Meiningen,
Lippe, Schwarzburg-Sondershausen usf.) besondere Verwaltungs-
gerichte.°* In allen übrigen Staaten werden die Verwaltungs-
streitsachen auf diesen Stufen durch Verwaltungsbehörden als
Verwaltungsgerichte in einem besonderen Verfahren, dem Ver-
waltungsstreitverfahren, erledigt.” In Bayern und Württemberg
sind die normalen Organe der inneren Verwaltung hierzu berufen
(Bayrische Distrikts-Verwaltungsbehörden und die Kammern des
Innern der Kreisregierungen; Württembergische Kreisregie-
rungen), die jedoch zu diesem Behufe (mindestens auf der mitt-
leren Stufe) kollegial organisiert werden.” In Preußen, Baden und
Hessen ist diese Aufgabe Kollegien von „Ehrenbeamten‘“ (oben
S. 95) unter dem Vorsitz des zuständigen Staatsbeamten anver-
traut (in Preußen den Kreis-[Stadt-] und Bezirksausschüssen, in
Baden den Bezirksräten, in Hessen den Kreis- und Provinzialaus-
schüssen).*” Den Vorsitzenden dieser Kollegien ist regelmäßig zur
Wahrung des öffentlichen Interesses das Recht eingeräumt, die
von diesen Kollegien gefällten Urteile selbständig bei der höheren
24 Auch bei der Besetzung dieser mittleren und unteren Gerichte
steht z. B. in Anhalt, Oldenburg und Schwarzburg-Sondershausen deın
Landtag das Recht zu, zwei der Mitglieder zu wählen.
25 In Preußen wird von dem Verwaltungsstreitverfahren scharf ge-
trennt das Beschlußverfahren, das bei der Erledigung reiner Ver-
waltungssachen vor denselben Behörden zur Anwendung kommt. Bitters
Handwörterbuch der preuß. Verwaltung, Art. „Beschlußverfahren‘‘, 1?
8. 273.
26 Bayr. Verwaltungsgerichtsgesetz, Art. 30, 31. Württemberg. Gesetz
über die Verwaltungsrechtspflege, Art.7. An der Beurteilung wasser-
rechtlicher Streitigkeiten müssen in den württembergischen Kreisregie-
rungen fünf Mitglieder teilnehmen; für diese Fälle ist jede Kreisregierung
durch Berufsrichter verstärkt worden. Württemb. Weassergesetz von
1900, Art. 113.
27 Auch in Anhalt, das im übrigen auf der mittleren und oberen
Stufe besondere Verwaltungsgerichte organisiert hat, wird auf der unteren
Stufe (Kreisverwaltungsgericht) die Verwaltungsrechtsprechung durch
Selbstverwaltungsorgane (Kreis- bzw. Stadtausschuß) ausgeübt.