246 $ 15. Verwaltungsgerichtebarkeit.
gebunden worden ist, hat es angefochtene Verwaltungsakte nicht
bloß auf ihre Recht-, sondern auch auf ihre Zweckmäßigkeit zu
prüfen.” Am weitesten gehen nach dieser Richtung die Gesetze,
welche den Betroffenen die Möglichkeit gewähren, die Feststellung,
daß eine Zwangsenteignung vom öffentlichen Wohl gefordert
wird, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zu unterstellen.“
— Endlich aber ist die verwaltungsgerichtliche Kompetenz noch
nach einer anderen Seite hin ausgebaut worden. Einzelne Staaten
(z. B. Braunschweig) haben ganz allgemein, andere (z. B. Preußen,
Baden, Lippe) wenigstens für das Gebiet der Polizeiverfügungen
dem Kläger (Beschwerdeführer) die Befugnis erteilt, eine Ver-
fügung der Verwaltungsbehörde auch mit der Behauptung an-
zufechten, die tatsächlichen Voraussetzungen seien nicht vor-
47 Das ältere Badische Recht weist zahlreiche Beispiele auf; vgl.
Weizel, Das Bad. Gesetz vom 5. Oktober 1863 S. 170, 195. Ferner sei
verwiesen auf das Recht Preußens, des Königreichs Sachsen, Oldenburgs,
Hessens. Vgl. z. B. Preuß. Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883
88 56, 66; ferner Preuß. Gesetz betr. die Vorausleistungen zum Wegebau,
v. 18. August 1902, $8$ 5, 6 (Beurteilung von Anträgen auf Festsetzung
von Vorausleistungen „nach freiem, billigem Ermessen‘). —Kgl. Sächs.
Verwaltungsrechtspflegegesetz $ 73, Ziff. 4; $ 76, Abs. 3 (Prüfung der Frage,
ob der Einspruch gegen die Eintragung eines politischen Vereins in das
Vereinsregister zweckmäßig gewesen sei; Urt. des Kgl. Sächs. OVG. v.
30. Mai 1907, Jahrb. des Kgl. Sächs. OVG. XI 53; Apelt, Sächs. Ver-
waltungsrechtspflegegesetz 8. 250). Über Oldenburg vgl. Schultzen-
stein, im Verwaltungsarchiv, XIII 331 und XIV 441. Hessische Verw.-
R.-Pfl.-G. Art. 133, Ziff. 4, 7, 9.
48 Das Bayr. Verwaltungsgerichtsgesetz, Art. 8, Ziff.10, erstreckt in
Expropriationssachen die Kompetenz der Verwaltungsgerichte auch auf die
Beurteilung der Frage, ‚ob das betreffende Unternehmen vom gemeinen
Nutzen erfordert werde‘. Reger- Dyroff, Bayr. Verw.-Ger.-Ges. S. 228.
Laforet, Bayr. Zwangsabtretungsgesetz, 1910, S. 79. Fleiner, Einzel-
recht und öffentl. Interesse S. 25. Dieselbe Kompetenz besitzen die
Verwaltungsgerichte in Sachsen-Meiningen und Lippe. 8. nämlich Gesetz,
betr. das Verwaltungsstreitverfahren für Sachsen-Meiningen, Art. 10,
Ziff. 7; Gesetz für Lippe, betr. die sachl. Zuständigkeit der Verwaltungs-
gerichte, $ 1, Ziff. II. Das zitierte Gesetz für Meiningen weist den Ver-
waltungsgerichten in Art. 10, Ziff. 6 auch die Beurteilung von Streitig-
keiten darüber zu, „ob bestehende Wege, Brunnen und Wasserleitungen,
Kanäle, Abzüge u. dergleichen Anlagen, welche zu allgemeinen Zwecken
dienen, der Gemeinde oder dem großen Publikum notwendig und dem
öffentlichen Gebrauch zu überlassen seien . . .“ Vgl. auch Preuß. Zu-
ständigkeitagesetz $ 47.