Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

254 $ 15. Verwaltungsgeriehtabarkeit. 
Seit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann 
der Untertan durch Richterspruch feststellen lassen, ob die Ver- 
waltungsbehörden beim Erlasse ihrer Verfügungen dem Rechte 
gemäß verfahren sind. Die Verwaltungsgerichte sind somit in 
erster Linie zum Schutze des Bürgers eingesetzt. In den Fällen, 
in denen das Gesetz eine Anrufung des Gerichtes zu Gunsten des 
Staates für nötig gehalten, hat es (wie oben S. 252 dargestellt 
worden ist) bestimmten Behörden die Rechte einer Partei zuge- 
sprochen und sie dadurch in den Stand gesetzt, die Verwaltungs- 
gerichte zum Schutze staatlicher Interessen anzugehen. Daraus 
ergibt sich, daß das Verwaltungsgericht eine angefochtene Ver- 
fügung nie zum Nachteil desjenigen abzuändern befugt ist, der 
als Kläger vor seinen Schranken auftritt (Verbot der re- 
formatio in pejus).”” Dieser Satz bedarf jedoch einer Ein- 
schränkung: nichtige Verwaltungsakte darf selbstverständlich 
auch das Verwaltungsgericht nicht als gültig behandeln. Das 
Verbot der reformatio in pejus gilt jedoch nicht überall in Deutsch- 
land. In einer ganzen Reihe von Staaten (z. B. Bayern, Sachsen, 
Oldenburg) hat der Gesetzgeber die reformatio in pejus im Ver- 
waltungsstreitverfahren ausdrücklich für zulässig erklärt.’® 
5. April 1898; Rechtsprechung des Bad. Verwaltungsgerichtshofs III 
Nr. 1910; s. ferner Nr. 102, 124, 223, 224, 227, 228). Im selben Sinn 
Urt. d. Kgl. Sächs. OVG. 20. Juli 1911 (Jahrbücher XVII 246; Soergel 
V 473). Blüher, Zur Feststellungsklage in der Verwaltungsrechtspflege 
(Jahrbücher d. Kgl. Sächs. OVG. XVI S. 1, 97). 
”3 In diesem Sinn: Preuß. Landesverwaltungsgesetz $ 79. Jacob 
im Preuß. Verw.-Bl. XXXI 155 (Erhöhung des Steuersatzes im Rechts- 
mittelverfahren, in dem der Pflichtige als Kläger auftritt, ist ausgeschlossen). 
— Braunschw. Verwaltungsrechtspflegegesetz $ 32. Zft. f. Rechtspflege 
im Herzogtum Braunschweig Bd. 56, Beil. 8. 7. — Verw.-Ger.-Ges. für 
Anhalt $ 46 u. Verw.-Ger.-Ges. f. Sachsen-Koburg-Gotha $ 31. Soergel, 
1 S. 280, Nr. 114; S. 402, Nr. 82, 3. Urt. des Reichsversicherungsamts 
vom 7. Dez. 1907 (Reger XXVIII, Beilage S.8). Kamptz, Recht- 
sprechung des Preuß. OVG. IV S. 1369. Schultzenstein, Rechtskraft 
und reformatio in pejJus im preuß. Verwaltungsstreitverfahren (Verwaltungs- 
archiv XI S. 365). Emil Frhr. v. Boecklin, Zum Verbot der reformatio 
in pejus im deutschen Verwaltungsstreitverfahren, Dissertation, Freiburg 
i. B. 1911 (daselbst die weitere Literatur). Über reforınatio in pejus im 
Beschwerdeverfalhıren siehe oben $ 14, S. 226. 
”* Bayr. Verw.-Ger.-Ges. Art. 36, Abs 4 (Reger-Dyroff, Verw.-Ger.- 
Ges. S. 522). Staatsvertrag betr. Thüring. Oberverwaltungsger. Art. 37.
	        
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