Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

264 816. Zuständigkeit der ordentl. Gerichte und Beamtenhaftpflicht. 
tiven Seite darf die subjektive Seite der Frage nicht vernach- 
lässigt werden. Wenn auch objektiv eine Amtspflichtverletzung 
feststeht, so verpflichtet sie zu Schadenersatz nur im Falle sie 
durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Beamten verschuldet wor- 
den ist. Das Gesetz hat jedoch zu Gunsten des Beamten die 
Haftung eingeschränkt: Fällt dem Beamten nur Fahrlässig- 
keit zur Last, so kann er bloß dann in Anspruch genommen 
werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu 
erlangen vermag.’ Als Schaden kann im allgemeinen nur Ver- 
mögensschaden eingeklagt werden. Einen Ersatz für immaterielle 
Werte läßt das Gesetz nur ausnahmsweise zu.° Unerheblich 
bleibt, ob der Beamte bei Vornahme der schadenstiftenden amt- 
lichen Handlung staatliche Herrschaftsgewalt oder die Mittel 
des Privatrechts zur Anwendung gebracht hat. In beiden Fällen 
® Ob und wieweit ein Irrtum über das objektive Recht (Amtsgrenzen 
usf.) oder über Tatsachen den Beamten entlastet, hat der Richter im einzel- 
nen Fall zu prüfen. Alfred Schulze, Reichsbeamtengesetz, S. 89—90. 
Kamptz und Delius, Rechtsprechung des Reichs- und Kammergerichts 
auf den Gebieten des öffentlichen Rechts, I S. 68, 104. RG. in Zivilsachen 
Bd.52, S.110. Entsch. des Preuß. OVG. Bd.14, S. 427; ferner dieim Preuß. 
‚Verw. Bl. XXXIII 301, 351 abgedruckten Urteile (1911). Delius, Die 
Haftpflicht der Beamten, 1901, S. 31ff. — Ein württembg. Ortsvorsteher 
hat in einer Polizeiverordnung den Wirten das Musizieren (OÖrchestrion) 
zu bestimmten Tagesstunden verboten; die Verwaltungsbehörde hebt 
die Vorschrift als rechtswidrig auf. Haftet der Ortsvorsteher den durch 
das temporäre Verbot geschädigten Wirten? OLG. Stuttgart 27. April 1911 
verneint es, weil das Nichtkennen der Amtsgrenzen in casu keine Fahr- 
lässigkeit dargestellt habe (Württembg. Zeitschrift f. Rechtspflege und 
Verwaltung V 81). S. ferner Urt. d. Badischen Verw.GH. (Vorentschei- 
dung) v. 17. November 1909 (Rechtsprechung d. Badischen Verwaltungs- 
gerichtshofs III Nr. 969). 
” Beispiel: Der zuständige Beamte beglaubigt, ohne nähere Erkun- 
digung eingezogen zu haben, daß die unter eine Vollmacht gesetzte Unter- 
schrift des A. echt sei. Mit Hilfe dieser Vollmacht erhebt der Fälscher B. 
bei der Bank von dem Konto des A. eine große Geldsumme und verschwin- 
det damit. Hinterher kommen Fälschung und Betrug ans Tageslicht. 
Der geschädigte A. kann den beglaubigenden Beamten nur dann in An- 
spruch nehmen, wenn es ihm nicht gelingt, den Betrag von dem Fälscher 
herauszubekommen. Reger, Erg.-Bd.IV S.447. — Vgl. dazu auch Reichs- 
gericht in Zivilsachen Bd. 74, S. 253; 78, S. 241; Bd. 80, S. 252; Bd. 81, 
8. 126, 428. Jurist. Wochenschrift 1911, S. 452. 
® Endemann, Lehrbuch des Bürgerl. Rechts, 9. Aufl.,I S. «-vu.
	        
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