266 816. Zuständigkeit der ordentl. Gerichte und Beamtenhaftpflicht.
ein Beamter einem Dritten gegenüber eine Handlung vor ‚‚in
Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt‘‘,!? so haftet
öffentlichen Rechtes entsprechende Anwendung.“ Vgl. dazu v. Tuhr,
Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I S. 620ff. Das Gesetz
bezeichnet das mit selbständigem Willensentschluß betraute Organ, im
Gegensatz zu den Hilfsorganen, als „verfassungsmäßig berufenen Ver-
treter‘‘. Dieser unklare und vieldeutige Ausdruck hat die Judikatur
lebhaft beschäftigt. Vgl. Kamptz und Delius, Rechtsprechung des
Reichsgerichts I S. 65; Erg. Bd. 1906—1910 S. 17ff. Seng, in der Zeit-
schrift für badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege, 1909, S. 41.
Reger, Erg. Bd. IV, S.299. Über die Stellung der Personen, die nicht
verfassungsmäßig berufene Vertreter sind 8. die folgende Anmerkung
und Reichsgericht in Civils. Bd. 74, S. 21, 250 (Lotsen); Bd, 79, S. 101;
Bd. 81, 8. 316.
12 In Ausübung ‚‚der öffentlichen Gewalt‘“ handelt der Staat und
der Beamte nicht bloß, wenn er Zwangsmittel zur Anwendung bringt,
sondern auch dann, wenn er Akte der staatlichen Fürsorge oder der
amtlichen Beurkundung (Nottestament) oder Beaufsichtigung (Lehrer)
vornimmt; (unrichtig OLG. Stuttgart 28. Februar 1911 in der DJZ. XVI
1563, richtig dagegen OLG. Braunschweig 15. November 1911 in der
Ztschr. für Rechtspflege i. Herzogtum Braunschweig 1912, S. 56). Über
die Unterscheidung von privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Hand-
lungen vgl. oben $4. Für rein technische Beamte, die weder privatrecht-
liche Verrichtungen, noch obrigkeitliche Handlungen vorzunehmen haben,
haften Staat oder Gemeinde gemäß BGB $ 31 und $ 89, falls diese Beamte
als verfassungsmäßig berufene Vertreter erscheinen. Denn hier ist der
Grundsatz zur Anwendung zu bringen, daß sich das öffentliche Recht
gegenüber dem Privatrecht als ein Spezialrecht darstellt; soweit keine
speziellen Rechtsnormen vorhanden sind, gelten infolgedessen die all-
gemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. v. Tuhr, Der Allgemeine
Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, IS. 6824, Anm. 19. Im selben
Sinn auch Urteil des Bayr. Verw.-Ger.-H. vom 29. Nov. 1905 (Sammlung
von Entsch. des Bayr. Verw.-Ger.-H. XXVII S. 40), Reger, XXVIII
9.431. Bedienen sich Staat oder Gemeinde bei Erfüllung einer Pflicht,
die sie aus privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Gründen einem
Untertan schulden, (ärztliche Verpflegung in einem Krankenhaus usw.)
der Hilfskräfte, die keine verfassungsmäßig berufenen Vertreter sind, so
haften sie (Staat oder Gemeinde) für diese Angestellten (Erfüllungsgehilfen)
auf Grund des BGB. $278; ein Entlastungsbeweis nach Analogie von
BGB. $ 831, ist hier ausgeschlossen. Reichsgericht in Zivilsachen Bd. 4,
8.231; Bd.65 8. 115; Bd. 67 8. 340. Über die Haftung für ärztliche Pflege in
einem öffentlichen Krankenhaus s. die Aufsätze von Kiesel u. von Rosen-
stock im Preuß.Verw.Bl.XXXIV 181, 264. M. Rümelin, Haftung im
klinischen Betrieb, 1913. — Nach der Reichstelegraphenordnung
vom 9. Juni 1897, $ 22, leistet die Telegraphenverwaltung für die
richtige Übermittlung der Teleeramme und ihre Zustellung innerhalb