$16. Zuständigkeit der ordentl. Gerichte und Beamtenhaftpflicht. 269
die Gesetzgebung eine solche Haftung nicht eingeführt ;!®% der Ge-
schädigte kann sich infolgedessen nur an den schuldigen Beamten
persönlich halten. Soweit ein Staat den Kläger befriedigt hat,
steht ihm der Rückgriff auf den schuldigen Beamten zu.!”
Die Verfolgung des schuldigen Beamten wurde vor dem In-
krafttreten der Reichsjustizgesetze (l. Oktober 1879) in einer
großen Zahl deutscher Staaten abhängig gemacht (nach franzö-
sischem Vorbild)'® von einer vorgängigen Ermächtigung der dem
Beamten vorgesetzten Behörde. Das Reichsrecht hat dieses
System beseitigt (Einführungsgesetz zum Reichsgerichtsverfas-
sungsgesetz $ 11). Nur eine „Vorentscheidung‘‘ darf das Landes-
recht zum Schutze der Beamten gegen willkürliche Klagen vor-
behalten. Diese Vorentscheidung aber hat sich auf die Fest-
stellung zu beschränken, ‚ob der Beamte sich einer Überschreitung
seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegen-
den Amtshandlung schuldig gemacht habe.‘‘ Die Vorentscheidung
kann nicht von seiner Verwaltungsbehörde, sondern nur von
dem Verwaltungsgerichtshof des betreffenden Staates?’ und wenn
16 Über Hamburg: Kröner, Beamtenhaftpflicht S. 73. Martin
jun., in der Hanseat. Gerichtszeitung 1913, Beilage Nr. 1.
17 Reichsgericht in Zivilsachen Bd. 74, S. 342. Reimer, Inwieweit
haften nach den Gesetzen v. 1. VIll. 1909 u. 22. V. 1910 neben dem
Reich, dem Staat und anderen Verbänden auch die Beamten selbst?
(Jur. Wochenschrift 1912, S. 981; s. auch S. 657 u. 1087). Spruch-
sammlung 1912 der DJZ. S. 235.
18 Hauriou, Precis de Droit administratif,” p. 94. Über den heu-
tigen Standpunkt der franz. Praxis: Laferri re, Juridietion administra-
tive, I p. 637. Berthölemy, Droit administratif” p. 65.
19 Georg Meyer-Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts,
S. 680. Laband, Staatsrecht IIl5 S.389. Stein, Justiz und Verwaltung
g. 112ff. — Über das strafrechtliche Seitenstück dazu, nämlich über die
Abschwächung des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaft durch das
Beschwerderecht des Antragstellers: StPO. $$ 169ff.
20 In einzelnen Staaten z.B. in Preußen (,„Konflikt‘‘ bei gerichtlicher
Verfolgung von Beamten), Baden usf. kommt es nur dann zu einer Vor-
entscheidung, wenn nach Einreichung einer Klage die vorgesetzte Ver-
waltungsbehörde beim Verwaltungsgerichtshof eine Vorentscheidung be-
antragt; das gilt auch bei der Verfolgung von Ministern (Reger XXXIII
178). In Bayern dagegen hat der Kläger vor Einreichung der Klage
eine _Vorentscheidung herbeizuführen; doch ist hier die Vorentscheidung
nur erforderlich für Fälle, in denen ein Mißbrauch der dem Beamten
„anvertrauten öffentlichen Gewalt‘ behauptet wird. Bayr. Verw.-Ger.-Ges.,