Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

278 $ 17. Öfentlichrechtliche Entschädigung. 
2. Anders aber gestaltet sich die Rechtslage, wenn die Ver- 
mögensschädigung nicht durch den unmittelbaren Befehl eines 
Gesetzes, sondern durch eine zur Vollziehung einer gesetzlichen 
Vorschrift erlassene gesetzmäßige Verfügung der Verwaltungs- 
behörde verursacht worden ist. Denn hier hängt die Ent- 
scheidung darüber, welche Bürger von den Wirkungen des Ge- 
setzes betroffen werden, von den Verwaltungsbehörden ab, und es 
ist daher möglich, daß von ihnen der eine Bürger zu einem 
finanziellen Opfer an den Staat gezwungen wird, während der 
andere davon verschont bleibt. In dieser Weise kann die Voll- 
ziehung eines Gesetzes im Ergebnis Ungleichheiten unter den 
Bürgern begründen. Keinen Unterschied macht dabei, ob die 
Vermögensschädigung ihren Grund in einer Vernichtung oder 
aber bloß in einer Beschränkung individueller Rechte hat. 
Außer Betracht bleiben naturgemäß alle die Vermögens- 
schädigungen, die auf privatrechtliche Eingriffe des Staates 
oder der Gemeinde zurückgehen. Dahin gehören vor allem 
Einführung des Alkoholmonopols in der Schweiz (1886) geschaffene Rechts- 
lage: Entsch. des Schweiz. Bundesgerichts XV (1889) S.474, 651, 657. Über 
den Standpunkt des preußischen Gesetzgebers bei der Aufhebung von 
sog. Steuerprivilegien: Bittere ITandwörterbuch der preuß. Verwaltung, 
Art. „Entschädigung bei Aufhebung von Steuerbefreiungen‘“ I2 8. 496. 
S. auch Hessisches Gesetz v. 8. Juli 1911 betr. Ablösung der Steuerfreiheit 
einzelner gemeindesteuerfreier Grundstücke. Besonders beachtenswert ist 
auch nach dieser Richtung das Preuß. Wassergesetz v. 7. April 1913; 
es reiht die Wasserläufe in einer Anlage zum Gesetz in Kategorien 
(erster, zweiter, dritter Ordnung) ein und schreibt vor ($ 3), das Verzeich- 
nie der Wasserläufe erster Ordnung könne nur durch Gesetz geändert 
werden. ‚„‚Wird infolge einer solchen Aenderung jemand in der Ausübung 
eines Rechts am Wasserlauf beeinträchtirt oder ein Grundstück be- 
schädigt, so ist dem Benachteiligten Entschädigung vom Staate zu ge- 
währen...‘ vgl. dazu $ 45 des cit. Gesetzes. — In neuester Zeit hat Italien 
in dem am 22. April 1912 verkündigten Geretz ein Lebensversicherungs- 
monopol zu Gunsten einer Staatsanstalt begründet und damit den 
privaten Versicherungsgesellschaften nach Ablauf einer bestimmten Zeit- 
dauer die Möglichkeit zum Geschäftsbetrieb auf diesem Gebiet entzogen, 
ohne Entschädigung zuzusprechen. Vgl. darüber und über den Standpunkt 
der betroffenen Versicherungsgesellschaften Rocca in der Ztschr. f. d. 
gesamte Versicherungswissenschaft XII 524; Wehberg ebendaselbst 
S. 534; vgl. auch daselbst S. 852. Ein Monopol zu Gunsten einer staat- 
lichen Unfallversicherungsanstalt hat ferner das Schweiz. Bundesgesetz 
v. 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung eingeführt.
	        
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